BUND Landesverband Niedersachsen

Entscheidung zur A 20 in Leipzig - Bundesverwaltungsgericht stoppt Planung zum ersten Abschnitt in Niedersachsen

Die A20 ist Symbol einer verkehrten Verkehrspolitik. Die geplante Autobahn zwischen Westerstede und Weede in Schleswig-Holstein ist das klima- und umweltschädlichste Projekt des gesamten Bundesverkehrswegeplans. Am 07. Juli 2022 hat der BUND vor Gericht einen wichtigen Teilerfolg im Kampf gegen die A20 errungen. Der Planfeststellungsbeschluss zum ersten Abschnitt in Niedersachsen ist rechtswidrig und damit nicht vollziehbar.

Der BUND Niedersachsen hatte im Jahr 2018 mit Unterstützung vom Bündnis der A20-Gegner gegen den Planfeststellungsbeschluss für den ersten Bauabschnitt der A20 geklagt. Am 31. Mai fand in Leipzig die Gerichtsverhandlung zur BUND-Klage gegen den ersten Bauabschnitt der Autobahn A 20 in Niedersachsen statt. Am 7.7. 2022 fiel das Urteil.  Das Gericht hat der Klage des BUND teilweise stattgegeben und damit den ersten von 12 Bauabschnitten in Niedersachsen für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Der BUND Niedersachsen hat vor Gericht als Kläger argumentiert, dass der Neubau der A 20 zu massiven Schäden an Klima, Natur und Umwelt führen würde und – auch angesichts des bahnbrechenden Urteils zum deutschen Klimaschutzgesetz im April 2021 – rechtswidrig ist. Ein Bedarf für die zum großen Teil über Marsch und Moorböden geplante Autobahntrasse ist nicht gegeben. Käme es zur Realisierung des Teilabschnittes, muss mit erheblichen Beeinträchtigungen eines wertvollen Schutzgebietes gerechnet werden. Darüber hinaus hat der BUND bemängelt, dass die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr eine in gleich mehreren entscheidenden Punkten fehlerhafte Berechnung zur Stickstoffbelastung vorgelegt hat.

Die A20- das umweltschädlichste Neubauprojekt des Bundesverkehrswegeplans

Die A 20 soll über 200 Kilometer Länge von Westerstede in Niedersachsen über einen Elbtunnel bei Drochtersen bis Bad Segeberg in Schleswig-Holstein verlaufen. In Niedersachsen liegen 12, in Schleswig-Holstein 6 Abschnitte. Für keinen der Abschnitte der geplanten A 20 liegt bisher ein rechtskräftiger, vollziehbarer Planfeststellungsbeschluss vor. In mehreren Klageverfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht für drei Abschnitte bereits Verstöße gegen das Wasser- bzw. Artenschutzrecht festgestellt. Seltene Tierarten wie Großes Mausohr, Moorfrosch oder Pirol sind vom Bau der A 20 bedroht.

Infolge der zu erwartenden Schadstoff- und Lärmbelastung ist die A 20 das umweltschädlichste Neubauprojekt des Bundesverkehrswegeplans (bezifferte Schäden lt. BVWP 760 Mio. Euro). Schäden durch Versiegelung, Zerstörung von Lebensräumen, Zerschneidung von Landschaften und die Beeinträchtigung von Schutzgebieten kämen hinzu. Durch die A 20 werden rund 19.000 Hektar unzerschnittener Naturräume zerstört, allein durch den Bau der Trasse rund 2.000 Hektar wertvoller Böden. Die geplante Küstenautobahn wird vor allem aber die Klimakrise massiv verstärken. Weit über die Hälfte der geplanten A 20 führt durch Moor- und Marschgebiete. Gerade diese Lebensräume sollen laut der Moorschutzstrategie des Bundes und des Landes Niedersachsen prioritär geschützt werden. Allein für die ersten beiden Abschnitte in Niedersachsen würden 1,8 Mio. m³ Torf ausgehoben und fast 450.000 Tonnen CO2 freigesetzt. Bau, Verkehr und Unterhaltung der A 20 würden pro Jahr mehr als 90.000 Tonnen CO2 verursachen.

Teilabschnitt vorerst gerichtlich gestoppt, aber weiterhin dringender politischer Handlungsbedarf

Mit dem Gerichtsurteil ist der erste Abschnitt der A 20 in Niedersachsen bis auf weiteres gestoppt. Das Gericht hat in seiner formaljuristischen Prüfung der Klage den Klimaschutz allerdings vollständig ausgeblendet. Als rechtswidrig festgestellt wurde der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der fehlerhaften Stickstoffberechnung. Dass der Klimaschutz für die Klage keine Berücksichtigung fand, wurde mit dem Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2018, also vor Erlass des Klimaschutzgesetzes und des Klimaurteils des Bundesverfassungsgerichts, begründet. Der BUND kritisiert diese Argumentation. Auch vor 4 Jahren hätte der Klimaschutz aufgrund von Artikel 20a Grundgesetz, auf den sich das Klimaurteil maßgeblich stützt, berücksichtigt werden müssen. Der BUND hat in seiner Klage von Beginn an eine Klimaverträglichkeitsprüfung für die Einzelabschnitte und das Gesamtvorhaben gefordert. Die Klimakrise ist bereits Realität, alle Planungen müssen an geltenden Klimaschutzanforderungen gemessen werden. Bis heute werden die Klimafolgen nicht betrachtet und jeder der 18 Abschnitte gesondert geplant.

Auch der Frage des Bedarfs ging das Gericht nicht nach und verwies den BUND an die Politik. Dies, obwohl der BUND im Verfahren nachweisen konnte, dass die Aufnahme der A 20 in den vordringlichen Bedarf aufgrund ihrer schwachen Verkehrsbelegung, des niedrigen Nutzen-Kosten-Verhältnisses und der hohen Umweltbetroffenheit nicht gerechtfertigt war. Hinzu kommt eine exorbitante Kostenexplosion: Das Neubauprojekt wird mit 7 Milliarden Euro inzwischen doppelt so teuer wie im Bundesverkehrswegeplan 2030 veranschlagt. Das sind Gelder, die dringend für die Bewältigung der Klimakrise und die Mobilitäts- und Energiewende benötigt werden. Die Politik ist daher nun dringend aufgefordert, die Rote Karte des Gerichtes als Anlass zur Überprüfung des gesamten Vorhabens zu nutzen.

Audio | BUND zur Gerichtsentscheidung A20

Die Landesvorsitzende beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Niedersachsen, Susanne Gerstner, im Gespräch mit BUND-Redakteur Noah Wankner über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausbau der A20 (Interview: 5:30 Minuten): 

Auch Klagen für die Natur kosten Geld!

Wir danken für die bisher zahlreich eingegangenen Spenden und unseren Mitgliedern, die diese Klage und diesen Teilerfolg erst möglich gemacht haben. Bitte unterstützen Sie weiterhin unsere Arbeit für eine klimafreundliche Mobilität und gegen neue Autobahnen.

Kampf und Proteste gehen weiter

Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen aus ganz Deutschland hat der BUND nicht nur zur A 20 mit verschiedenen Protestaktionen ein Zeichen gesetzt. Wir fordern eine grundlegende Mobilitätswende, die nötig ist, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu überschreiten. Die Überprüfung aller geplanten Bundesverkehrsprojekte muss nun dafür genutzt werden, dass Natur- und Klimaschutz zukünftig zentrale Grundlage für alle Planungen sind. Die Bundesregierung und das Parlament sind jetzt in der Pflicht, den Bau und die Planung aller Fernstraßenprojekte sofort zu stoppen und neu zu bewerten. Fordern auch Sie Verkehrsminister Wissing jetzt mit Ihrer Nachricht auf, den Bau neuer Autobahnen zu stoppen!

Hier sehen Sie Eindrücke unserer Protestaktionen:

Demo gegen die A 20

Am 29. Mai fand eine Demo mit 600 Teilnehmenden in Leipzig statt. Damit brachten zahlreiche Umweltorganisationen den jahrelangen Protest mit nach Leipzig und machten vor dem Bundesverwaltungsgericht deutlich, dass inmitten der eskalierenden Klimakrise keine neuen Autobahnen mehr gebaut werden dürfen. Der Demozug ging vom Hauptbahnhof zum Gerichtsgebäude. Dort fand eine Kundgebung statt.

Proteste am Verhandlungstag

Anlässlich der Gerichtsverhandlung zur A 20 im Bundesverwaltungsgericht haben wir am 31. Tag ein sichtbares Zeichen gegen den Bau von neuen Autobahnen, für eine Verkehrswende und für Klimaschutz gesetzt. Mit Banner, Fahnen, Erdkugel und BUND-Aktiven haben wir vor dem Gericht unsere Forderungen deutlich gemacht. Hunderte von Bannern und Plakaten wurden vor dem Gericht ausgelegt. Damit zeigten Menschen aus ganz Deutschland, dass sie unseren Protest unterstützen. Vielen Dank für alle kreativen Zusendungen und Ihre Unterstützung!

Bündnispartner und Unterstützer:

Der BUND wird in seiner Klage unterstützt durch die Initiativen gegen die A 20. Seit Jahren protestieren BUND-Aktive zusammen mit dem Bündnis der A20-Gegner und zahlreichen anderen Umweltorganisationen gegen den Bau der A 20 und für eine Verkehrswende.

Der Protest wurde von zahlreichen Umweltverbänden unterstützt:

  • BUND Niedersachsen
  • BUND Deutschland
  • A20-nie
  • Fridays for Future Deutschland
  • Moor bleibt Moor
  • Nabu Deutschland
  • Wald statt Asphalt
  • Ende Gelände
  • Extinction Rebellion
  • Greenpeace Leipzig
  • sowie zahlreichen weiteren regionalen Bündnissen

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