BUND Landesverband Niedersachsen

Ein weiterer Gipsabbau im Südharz ist unnötig! BUND Niedersachsen stellt Alternativen zum Naturgips vor

24. März 2021 | Gipskarst (NI), Lebensräume, Umweltpolitik (NI)

Gipsabbau zerstört die Landschaft. Foto: BUND Gipsabbau zerstört die Landschaft  (BUND)

Naturgips ist ein begehrter Baustoff, zugleich aber auch ein endlicher Rohstoff. Naturgipsvorkommen liegen häufig in Gebieten mit wertvoller und unersetzbarer Tier- und Artenvielfalt, so zum Beispiel im europaweit einmaligen Gipskarst im Südharz. Dort droht die Gipsindustrie eine Jahrmillionen lang gewachsene Landschaft unwiederbringlich zu zerstören. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung wird immer wieder als Argument für eine notwendige Steigerung des Naturgipsabbaus genutzt. Doch ein weiterer Gipsabbau ist unnötig: Ein vom BUND in Auftrag gegebenes Gutachten zeigt auf, dass ein Ausstieg aus der Verwendung von Naturgips bis spätestens 2045 möglich ist. Trotz der sinkenden Mengen an REA-Gipsen durch den Kohleausstieg stehen ausreichend Alternativen zum Naturgips zur Verfügung.

Susanne Gerstner, BUND-Landesgeschäftsführerin: „Der BUND fordert die niedersächsische Landesregierung auf, die geplante Ausweitung der Vorranggebiete zu stoppen und endlich Verantwortung für den Schutz dieser einmaligen Landschaft zu übernehmen. Angesichts des dramatischen Artensterbens müssen endlich die Weichen in Richtung Ausstieg aus dem Naturgipsabbau sowie Investitionen in Forschung und Entwicklung für Alternativen gestellt werden. Nur so können im Südharz langfristige Zukunftsperspektiven für Bewohner*innen und deren Arbeitsplätze geschaffen werden.“

Um zu vermeiden, dass die letzten Naturgipsvorräte im Südharz zu Gipskartonplatten werden, muss jetzt auf zukunftsweisende Alternativen umgestellt werden. Laut BUND-Gutachten müssen alternative Baustoffe wie Lehm, Holz und andere nachwachsende Rohstoffe stärker gefördert werden, um den Gipsverbrauch generell zu reduzieren. Vor allem fordert der BUND dringend verbesserte Regelungen für das Recycling von Chemiegipsen und Gipsprodukten. Mindestens 50 Prozent der Gipsprodukte sind wiederverwendbar. In Deutschland werden jedoch bisher weniger als zwei Prozent der Gipsprodukte recycelt, der überwiegende Teil landet als mineralischer Abfall auf der Deponie.

Um den Gipsverbrauch deutlich zu reduzieren und die Naturgipsvorräte zu schützen, müssen in Niedersachsen schnellstmöglich die erforderlichen Strukturen für eine Gips-Kreislaufwirtschaft aufgebaut und Abfallgesetze angepasst werden. Der Einsatz von Recyclingprodukten muss vereinfacht werden. Das dient gleichermaßen dem Natur- und dem Klimaschutz. „Eine künftige Klimaneutralität erfordert nachhaltige und rohstoffschonende Lieferketten von der Gipsbereitstellung über die Gipsverarbeitungssektoren bis hin zu den Abnehmerbranchen und Verbraucher*innen ", hebt Holger Alwast hervor, der das BUND-Gutachten erstellt hat.

„Bereits der Gipskompromiss 2002 hätte ein Signal an die Gipsindustrie sein müssen, viel stärker in das Recycling und die Alternativgipse einzusteigen“, betont BUND-Gipskarstexperte Friedhart Knolle. „Diese Chance wurde nicht genutzt und der Raubbau an der Südharzlandschaft weiter vorangetrieben. Nunmehr hat der BUND herausgearbeitet, dass alle technischen Möglichkeiten vorliegen, den Gipsfrieden einzuhalten. Es ist jetzt an der Politik und der Gipsindustrie, den Strukturwandel einzuleiten und den Naturgipsabbau auslaufen zu lassen.“

 

Hintergrund:
In Deutschland liegt der aktuelle Gipsbedarf bei circa 10 Millionen Tonnen pro Jahr, davon stammen 6 Millionen aus REA-Gips aus Rauchgas-Entschwefelungs-Anlagen aus der Kohle- oder Öl-Verbrennung. Die restlichen 4 Millionen Tonnen machen Naturgips aus. Davon werden mehr als eine Million Tonnen pro Jahr exportiert. Mit dem Wegfall von REA-Gips aus der Kohleverstromung würde eine Gips-Lücke von etwa 4 Millionen Tonnen entstehen. Der Wegfall von REA-Gips erhöht den Druck vor allem im Südharz. Dort findet mit 2,5 Millionen Tonnen pro Jahr der größte Naturgips- und Naturverbrauch Deutschlands statt. Knapp 85 Prozent des aktuellen REA-Gips-Aufkommens wird bisher für die Produktion von Gipswandbauplatten eingesetzt. Naturgips findet dagegen vor allem bei Produkten aus gebranntem Gips wie Füllgipsen (Putze, Spachtel, usw.) oder Spezialgipsen Anwendung. Naturgips kann durch Gipsrecycling und Chemiegipse nahezu vollständig ersetzt werden.

Gegen die Pläne von Gipsindustrie und Politik, im neuen Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) weitere Abbaugebiete auszuweisen, regt sich zunehmend Protest, wie der Online-Appell des BUND Niedersachsen „Harzer Gipskarst retten!“ an Ministerpräsident Stephan Weil zeigt, den bereits fast 3.000 Menschen unterzeichnet haben.

 

Weitere Informationen:
Zum BUND-Gutachten „Umweltverträglichen Alternativen zum Abbau von Naturgips“:
https://www.bund-niedersachsen.de/alternativen-zu-naturgips/
Zum Online-Appell: www.bund-niedersachsen.de/harzer-gipskarst-retten

Fotos: www.bund-niedersachsen.de/pressefotos

Kontakt:

  • Susanne Gerstner, Geschäftsführerin, BUND Landesverband Niedersachsen, susanne.gerstner(at)nds.bund.net
  • Dr. Friedhart Knolle, BUND-Gipskarstexperte und Vorsitzender BUND Westharz, Tel. (0170) 220 91 74

BUND-Pressestelle:
Dr. Tonja Mannstedt, Tel. (0511) 965 69-31, Mobil (0171) 359 86 76, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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