BUND Landesverband Niedersachsen

Neuer Pestizidatlas zeigt: Niedersachsen muss dringend Reduktionsprogramm für Pflanzenschutzmittel verabschieden

13. Januar 2022 | Artenschutz (NI), Flüsse & Gewässer, Landwirtschaft, Lebensräume

Der BUND, die Heinrich-Böll-Stiftung und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) haben den Pestizidatlas 2022 herausgegeben. Er liefert Daten und Fakten zu aktuellen Entwicklungen, Zusammenhängen und Folgen des weltweiten Pestizidhandels und -einsatzes in der Landwirtschaft. Dabei macht er deutlich, wie dringend die Reduktion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln ist.

„Das Land Niedersachsen hat sich im Niedersächsischen Weg zu der Erstellung eines ambitionierten Pflanzenschutzmittel-Reduktionsprogramms bis Mitte 2021 verpflichtet, doch die Umsetzung fehlt bislang“, konstatiert Axel Ebeler, stellvertretender BUND-Landesvorsitzender. „Der dramatische Artenschwund erfordert sofortiges Handeln. Der BUND erwartet zeitnah konkrete und wirkungsvolle Reduktionsziele für Niedersachsen, damit zukünftig deutlich weniger Pestizide in der Landwirtschaft eingesetzt werden.“

Die negativen Auswirkungen von Pestiziden sind vielfältig: Verlust von Biodiversität, Beeinträchtigung der Bestäubungsleistung, Verunreinigung von Wasser und Luft, Schädigung der Bodenfruchtbarkeit und Gefahren für die menschliche Gesundheit. Dennoch hat der Pestizideinsatz in Deutschland in den vergangenen 10 Jahren weiter zugenommen – sowohl mengenmäßig als auch bezogen auf die Anzahl eingesetzter Mittel und Wirkstoffe. Auch illegale Pflanzenschutzmittel werden immer häufiger nachgewiesen. Der BUND fordert ein transparentes Ausbringungsregister für die Anwendung von Pestiziden, um die tatsächlich eingesetzten Mengen und Wirkstoffe besser kontrollieren zu können. Ferner ist eine Pestizidabgabe einzuführen, die umso höher ausfällt, desto schädlicher ein Pestizid ist.

Ambitionierte Reduktionsziele für den Pestizideinsatz sind in Niedersachsen umso wichtiger, da hier im Vergleich zu anderen Bundesländern noch besonders viele Flächen konventionell bewirtschaftet und damit auch mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. Der Ausbau des Ökolandbaus führt zu einer Reduktion der Pestizid-Gesamtmenge. Hier fällt das Land jedoch weit hinter die EU- und Bundesziele zurück: Laut neuer Bundesregierung sollen 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bis 2030 ökologisch bewirtschaftet werden. Das EU-weite Ziel, das in der Farm-to-Fork-Strategie festgeschrieben ist, liegt bei 25 Prozent. Das Land Niedersachsen strebt bislang einen Anteil von 15 % Ökolandbau an.

„Durch eine stärkere Unterstützung ökologisch wirtschaftender Betriebe, einen Ausbau der Beratung im Bereich des Ökolandbaus und bessere Rahmenbedingungen für die Vermarktung ökologischer Produkte muss dieser Anteil weiter gesteigert werden“, so Ebeler weiter. „Auch sollten Landesregierung und kommunale Spitzenverbände Gebietskörperschaften motivieren, sich den pestizidfreien Kommunen anzuschließen.“ Darüber hinaus müssen im konventionellen Landbau nicht-chemische Alternativen und die Änderung von Anbausystemen das Ziel sein. Dafür muss in Niedersachsen die Ausbildung, Beratung und Förderung neu ausgerichtet werden. Entscheidend ist laut BUND, dass die landwirtschaftlichen Betriebe dabei unterstützt werden, mit weniger Pestiziden wirtschaftlich tragfähig zu arbeiten. Weniger Pestizide und mehr biologische Vielfalt auf den Feldern müsse sich für alle Betriebe lohnen.

 

Hintergrund:
Der „Pestizidatlas 2022“ zeigt, dass die Menge weltweit eingesetzter Pestizide seit 1990 um 80 Prozent gestiegen ist. Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, wie zum Beispiel Soja als wichtiges Futtermittel für die Tierhaltung, hat in Ländern mit großer Artenvielfalt zu einer gravierenden Ausweitung des Einsatzes an Herbiziden geführt. Auch in der EU liegt der Einsatz mit rund 350.000 Tonnen auf hohem Niveau. In Deutschland werden zwischen 27.000-35.000 Tonnen Pestizidwirkstoffe pro Jahr verkauft. Die Menge schwankt vor allem aufgrund von Witterungsbedingungen und aufgrund von unterschiedlichen Preisen für Agrar- und Pestizidprodukte. Der Einsatz von Pestiziden hat eine fatale Wirkung auf die biologische Vielfalt: Konventionell bewirtschaftete Äcker weisen nur 3 Prozent der floristischen Artenvielfalt auf, die auf Äckern zu finden ist, die noch nie mit Pestiziden behandelt wurden. Auf biologisch bewirtschafteten Äckern liegt die Vielfalt mit 53 Prozent erheblich höher.

 

Weitere Informationen:
Zum Niedersächsischen Weg: www.bund-niedersachsen.de/allianz-fuer-artenschutz
Zum Pestizidatlas 2022: www.bund-niedersachsen.de/pestizidatlas/

Kontakt:
Axel Ebeler, stellv. Landesvorsitzender, BUND Niedersachsen, axel.ebeler(at)bund.net
Katrin Wenz, BUND-Expertin für Agrarpolitik, katrin.wenz(at)bund.net

BUND-Pressestelle:
Dr. Tonja Mannstedt, Tel. (0511) 965 69 – 31, Mobil (0171) 359 86 76, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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