BUND Landesverband Niedersachsen

Offshore-Windkraft nicht auf Kosten des einzigartigen Wattenmeeres - Umweltverbände kritisieren Niedersachsens Ausbaupläne

30. März 2022 | Artenschutz (NI), Energiewende, Energie (NI), Klimawandel, Lebensräume, Meere

Offshore-Windkraft  (Tho-Ge / Pixabay.com / Pixabay-Lizenz)

Die niedersächsischen Umweltverbände sind angesichts der Ausbauziele der Landesregierung und der Planungen im Landesraumordnungsprogramm (LROP) zur Offshore-Windenergie vor Niedersachsens Küste alarmiert. Zum LROP-Entwurf findet derzeit ein Erörterungstermin im Landwirtschaftsministerium statt. Bis 2035 sollen laut Umweltminister Olaf Lies über 30 Gigawatt Leistung über das Watten- und Küstenmeer an Land gebracht werden. Hinzu kommen die Pläne der Bundesregierung: Laut Koalitionsvertrag sollen bis 2045 in Nord- und Ostsee sogar 70 GW Leistung installiert werden. Die Verbände fordern die Landesregierung auf, die Offshore-Windenergie naturverträglich im Sinne des europäischen Naturschutzrechtes auszubauen und dem Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Niedersächsisches Wattenmeer Rechnung zu tragen.

Die Offshore-Windenergie ist ein wichtiger Baustein im Energiemix der Zukunft, ein Ausbau aus Klimaschutzsicht notwendig, sind sich die Umweltverbände einig. Bei den aktuellen Plänen werden jedoch die technische Machbarkeit und vor allem die Auswirkungen auf das sensible und streng geschützte Wattenmeer ausgeblendet. Ein solch massiver Ausbau der Offshore-Windenergie würde eine massive Belastung der Meeresumwelt über und unter Wasser mit sich bringen. Neue, zusätzliche Kabelkorridore und Übergabestellen müssten mitten durch den Nationalpark Wattenmeer gebaut werden, der zunehmende Serviceschiffsverkehr für die Windanlagen würde zu weiteren Belastungen von Meer und Küste führen. Dies ist nicht mit den Schutz- und Erhaltungszielen eines Nationalparks und schon gar nicht eines Weltnaturerbes vereinbar.

Dass Niedersachsen künftig den Bau weiterer Windparks auch direkt im Küstenmeer ermöglichen will, ist für die Umweltverbände zusätzlicher Grund zur Sorge. Das Land will die Ende 2020 aufgelaufene Befristung des Eignungsgebietes Riffgat im Küstenmeer entfallen lassen und damit die Energiegewinnung im Küstenmeer zementieren. Zudem soll Riffgat – obwohl nur 4 Kilometer vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer entfernt – ein Vorranggebiet zur „Erprobung erneuerbarer Energieerzeugung auf See“ werden. Damit wären auch Wellenkraftwerke im Küstenmeer möglich.

Die Umweltauswirkungen durch die Anlagen wären erheblich: Wertvolle Meeres- und Wattlebensräume würden zerstört und zerschnitten, beim Bau und der Wartung der Anlagen käme es zu erheblichem Unterwasserlärm mit Auswirkungen auf sensible Arten wie den Schweinswal. Windenergieanlagen im Küstenmeer stellen vor allem aber für den Vogelzug eine massive Beeinträchtigung dar. Betroffen ist davon der Nationalpark als international bedeutsamer Vogelzugkorridor. Die Verbände kritisieren, dass sich die Nordsee durch Schadstoff- und Lärmbelastung, durch Meeresmüll sowie Überfischung bereits in einem schlechten Umweltzustand befindet. Verstärkt werden die negativen Auswirkungen durch die Effekte des Klimawandels auf die Meere wie Versauerung, Erwärmung und ein steigender Meeresspiegel. Die Verbände befürchten, dass die zusätzlichen Belastungen durch den massiven Ausbau der Offshore-Energie das sensible Ökosystem endgültig zum Kippen bringen können.

Angesichts der weitreichenden Auswirkungen auf das Wattenmeer als einzigartiges Ökosystem fordern die niedersächsischen Umweltverbände einen naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergie unter Berücksichtigung des technisch machbaren auf 15 GW bis 2030, begleitet durch ein umfassendes Monitoring, um die ökologischen Folgen zu erfassen und zu berücksichtigen. Bei der Festlegung von Ausbauzielen für Windenergie in der Nordsee sind außerdem alle Nutzungen mit ihren Auswirkungen auf das Ökosystem in Summe zu betrachten. Meeresschutz ist auch Klimaschutz. Eine intakte Meeresumwelt ist notwendig, um die Klimafunktion der Meere zu erhalten.

 

Hintergrund:
Der jüngste Zustandsbericht zur Nordsee 2019 hat den Handlungsbedarf für mehr Meeresschutz eindringlich aufgezeigt. Vor allem Niedersachsen hat sich zu der Verantwortung bekannt, ihre Lebensräume zu erhalten und das einmalige Ökosystem zu schützen.

Laut aktuellem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur wurden bis Ende 2021 nur 7,13 GW in der Nordsee installiert. Davon gelangen 5 GW über Niedersachsen an Land. Bis 2030 sollen laut Bundesnetzagentur weitere 11,43 GW zugebaut werden, davon 10,5 GW über Niedersachsen. Wie darüber hinaus gehende Ausbaupläne technisch umgesetzt werden können, bleibt aus Sicht der Umweltverbände unklar. Der LROP-Entwurf sieht bereits jetzt die Möglichkeit eines weiteren Kabelkorridors vor, dieser soll zwischen Baltrum und Langeoog verlaufen.

 

Gemeinsame Pressemitteilung von:

  • BUND Niedersachsen
  • NABU Niedersachsen
  • Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) Niedersachsen
  • NaturFreunde Niedersachsen
  • Der Mellumrat e.V.
  • Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz (WAU)
  • BI "Rettet das Cux-Watt"
  • BI Saubere Luft Ostfriesland e.V.

 

Kontakt für Rückfragen:
Susanne Gerstner, Geschäftsführerin, BUND Landesverband Niedersachsen, susanne.gerstner(at)nds.bund.net

Pressekontakt:
Dr. Tonja Mannstedt, BUND Landesverband Niedersachsen, Tel. (0171) 359 86 76, presse(at)nds.bund.net

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