Ruhe bitte - BUND fordert Schutz wertvoller Wiesenvogelgebiete wie die "Alte Piccardie" in der Grafschaft Bad Bentheim

14. Mai 2025 | Artenschutz (NI), Lebensräume, Landwirtschaft, Energie (NI), Energiewende

Uferschnepfe auf der Wiese. Foto: Elsemargriet Uferschnepfe  (Elsemargriet / Pixabay.com / Pixabay-Lizenz)

Unstrittig ist, dass Niedersachsen die Windenergie weiter kräftig ausbauen muss, will es seine Klimaziele bis 2040 erreichen. Der BUND begrüßt daher einen ambitionierten Ausbau der Windkraft im Land. Aktuelle gesetzliche Vorgaben, vor allem aber eine mangelhafte Steuerung in der Raumordnung führen jedoch in bestimmten Regionen zu gravierenden Konflikten mit dem Natur- und Artenschutz. Besonders massiv zeigt sich dies im Wiesenvogelgebiet „Alte Piccardie“ in der Grafschaft Bentheim, Heimat seltener und bedrohter Arten wie Uferschnepfe und Brachvogel. Der BUND fordert das Land und die Kommunen dringend auf, Gebiete mit hoher Bedeutung für den Wiesenvogelschutz, insbesondere in den ausgewiesenen Wiesenvogelkulissen, von Windenergieanlagen freizuhalten.

Susanne Gerstner, BUND-Landesvorsitzende: „Aufgrund des dramatischen Rückgangs typischer Wiesenvogelarten hat sich die Landesregierung zu einem ambitionierten Wiesenvogelschutzprogramm verpflichtet. Dass gleichzeitig verschiedene niedersächsische Kommunen wie in der Grafschaft Bentheim Windenergieanlagen in wertvollsten Wiesenvogelgebieten planen, ist absolut inakzeptabel und zudem nicht erforderlich, um die Ausbauziele zu erreichen! Der BUND erwartet eine unverzügliche Korrektur dieser Pläne.  Niedersachsen muss durch geeignete Vorgaben der Landesraumordnung sicherstellen, dass Gebiete mit hoher Bedeutung für den Wiesenvogelschutz von Windenergieanlagen freigehalten werden. Gleichzeitig sind die Kommunen gefragt, ihrer Verantwortung für Natur und Umwelt gerecht zu werden.“

Walter Oppel, BUND-Vorsitzender, und Gerhard Busmann, NABU-Vorsitzender, in der Grafschaft Bentheim: „Die Grafschaft Bentheim ist von den Planungen besonders betroffen: Im Landkreis sind uns acht Windparkvorhaben in sieben Wiesenvogelgebieten bekannt, darunter Wiesenvogelgebiete von landesweiter Bedeutung wie die Alte Piccardie und die Kleinringer Wösten. Wir fordern die Räte der Samtgemeinde Neuenhaus und der Samtgemeinde Emlichheim auf, die Pläne in diesen hochsensiblen Bereichen umgehend zu stoppen. Vom Landkreis erwarten wir, seiner regionalplanerischen Verantwortung gerecht zu werden und die Flächenausweisung für Windenergie auf möglichst konfliktarme Standorte zu lenken.“

Verschiedene vom Aussterben bedrohte oder stark gefährdete Wiesenvogelarten wie Großer Brachvogel, Bekassine, Uferschnepfe und Kiebitz gehören zu den gegenüber Windenergieanlagen empfindlichen Brut- und Rastvogelarten, die vor allem von erheblichen Störwirkungen betroffen sind. Die Alte Piccardie ist ein bedeutendes Brutgebiet für Uferschnepfe, Brachvogel, Kiebitz und Feldlerche. Durch die geplanten Windenergieanlagen wären bei einem Störradius von 1.000 m allein 8 Brutpaare des Brachvogels, bis zu 10 Brutpaare der Uferschnepfe und 23 Brutpaare des Kiebitzes betroffen. In den Kleinringer Wösten soll ein Windpark im wertvollsten Teilgebiet mit der größten Kiebitz-Kolonie des Landkreises entstehen.

Die beiden Gebiete liegen in der Förderkulisse des Niedersächsischen Wiesenvogelschutzprogramms und bilden damit die Schwerpunktvorkommen der Wiesenvögel in Niedersachsen ab. Dieses Programm besteht aus hoheitlichen Maßnahmen und zusätzlichen Förderangeboten für eine wiesenvogelgerechte Bewirtschaftung auf Grünland, investive Maßnahmen sowie finanzielle Ausgleiche für Landwirt*innen bei Einschränkungen in der Bewirtschaftung. Windparkvorhaben konterkarieren die Ziele dieses ambitionierten Schutzprogramms. Der BUND fordert das Land auf, den Ausbau der Erneuerbaren im Einklang mit dem Schutz der biologischen Vielfalt zu gestalten und steuernd in die fehlerhafte Entwicklung einzugreifen.

Hintergrund:

Im März 2024 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren „Vogelschutz“ gegen Deutschland eingeleitet. Im Mahnschreiben bemängelt die EU den ungenügenden Schutz der Wiesenvögel und eine unzureichende Ausweisung von Schutzgebieten für den Vogelschutz. Dabei nimmt die EU-Kommission Bezug auf den massiven Rückgang des Bestandes der Uferschnepfe in den niedersächsischen Schutzgebieten um 50-80 %, weil keine ausreichenden Schutzmaßnahmen umgesetzt wurden. Das aktuelle Vertragsverletzungsverfahren unterstreicht die Notwendigkeit, dass Länder mit besonderer Verantwortung für den Schutz bedrohter Wiesenvögel wie Niedersachsen dringend wirksame Schutzmaßnahmen ergreifen müssen.

Für Rückfragen:
Susanne Gerstner, BUND-Landesvorsitzende, susanne.gerstner(at)nds.bund.net
Walter Oppel, Vorsitzender BUND Grafschaft Bentheim, oppel(at)bund-grafschaft-bentheim.de

BUND-Pressestelle:
Lara-Marie Krauße, Tel. (0511) 965 69 – 32 oder Mobil (01515) - 33 111 88, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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