BUND Landesverband Niedersachsen

Gewässerschutz rückt in weite Ferne

Der BUND Niedersachsen nimmt Stellung zur deutschen Bewirtschaftungsplanung gemäß europäischer Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).

Bis zum 22. Juni 2021 konnte sich die Öffentlichkeit zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Deutschland äußern. Der BUND Niedersachsen hat für Elbe, Weser, Ems und Rhein eine ausführliche Stellungnahme abgeben. Anders als vorgeschrieben werden bis 2027 nur wenige Gewässer in einen guten ökologischen Zustand versetzt. Für viele Seen und Flüsse werden die Ziele sogar bis 2045 oder darüber hinaus verschoben. Dies verstößt gegen geltendes EU-Recht. Der BUND verlangt vom Land Niedersachsen daher wesentliche Nachbesserungen der behördlichen Planungen. In seiner Stellungnahme macht er auf Bundes- und Landesebene Vorschläge zu Maßnahmen, um den guten ökologischen Zustand an Flüssen, Seen und für das Grundwasser bis zum Jahr 2027 noch zu erreichen.

Die Gewässer in Niedersachsen sind noch immer zu 97 % nicht im guten Zustand. Es besteht ein massives Umsetzungsdefizit, das auch mit den aus Sicht des BUND defizitären Aktualisierungen der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für den Zeitraum 2021 – 2027 nicht behoben werden kann. Niedersachsen macht die als Ausnahme vorgesehenen Fristverlängerungen zur Regel und verschiebt die Erreichung der Ziele in die ferne Zukunft. Der BUND kritisiert, dass die Begründung der Fristverlängerungen den EU-rechtlichen Vorgaben und auch den LAWA-Empfehlungen zum „Transparenzansatz“ nicht genügen.

Eine Verbesserung des Monitorings für die Aufstellung der 2. Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne hat nicht stattgefunden. Es fehlt weiterhin ein Monitoring für Nährstoffe an 1.200 Oberflächenwasserkörpern. Auch wird der Minderungsbedarf an Stickstoff für die belasteten Grundwasserkörper wird nicht quantifiziert. Daher fehlt eine Darstellung des Zielerreichungsdefizits und eine klare Zuordnung der Maßnahmen zur Belastung. Im agrarisch geprägten Land Niedersachsen sind die diffusen Belastungen aus der Landwirtschaft ein Hauptstressor für unsere Fließgewässer und das Grundwasser. Die Bewirtschaftungsplanung enthält aus Sicht des BUND dafür keine ausreichenden Lösungsansätze. Es fehlt ein flächenscharfes, in detaillierten Karten verortetes und quantifiziertes Maßnahmenkonzept, das aktuelle Gewässersteckbriefe mit Zeitplänen, Kostenabschätzungen, Finanzierung und der Nennung von Verantwortlichen bzw. Maßnahmenträgern enthält.

Viele der vom BUND genannten Defizite können nicht von der Wasserwirtschaftsverwaltung behoben werden, sondern richten sich an die politischen Entscheidungsträger*innen. Die Politik ist gefordert, die notwendigen personellen, rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Zielerreichung zu schaffen. In Niedersachsen können die notwendigen Fortschritte bei der Umsetzung der WRRL nur erzielt werden, wenn entsprechende Organisationsstrukturen mit Fachkompetenz, klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten aufgebaut werden. Das bisher verfolgte Prinzip, das vorrangig auf Angebotsplanung und Freiwilligkeit setzt, ist aus Sicht des BUND als gescheitert zu bewerten. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang, dass die konkreten Handlungsempfehlungen aus dem Gutachten von Reese et al. (2018) nicht aufgegriffen wurden.

Ein Fortschritt im dringend notwendigen Gewässerschutz ist auch deshalb nicht erreicht worden, weil weiterhin erheblich mehr Mittel entgegen der Zielerreichung eingesetzt werden als für die Umsetzung der nötigen WRRL-Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund muss von weiteren Gewässerausbauten, wie sie in größerem Umfang z.B. an Außen- und Unterweser und der Außenems geplant sind, dringend Abstand genommen werden. Alle zurückliegenden derartigen Eingriffe haben dramatische Verschlechterungen der Gewässer zur Folge gehabt.

Mit dem „Transparenzansatz“ und den damit verbundenen Fristverlängerungen wird aus Sicht des BUND ein System zur „Mangelverwaltung“ geschaffen, um die zu wenig ambitionierte Vorgehensweise in der Umsetzung der WRRL zu rechtfertigen und fortzuführen. Über den „Transparenzansatz“ erfolgt eine Priorisierung von Maßnahmen vor dem Hintergrund viel zu geringer Ressourcen und fehlendem Durchsetzungswillen. Der BUND fordert das Land Niedersachsen auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich der Sicherstellung der finanziellen und personellen Ressourcen, um die Ziele der WRRL bis 2027 zu erreichen. Der Gewässerschutz in Niedersachsen braucht eine erheblich größere politische Priorität.

BUND-Bestellkorb