Unser Tipp im November: Mistel - Ein himmlischer Glücksbringer

Misteln in der Winterzeit

Von den Göttern selbst auf die Bäume gestreut, so glaubten die Germanen, wurden und werden diesem Wintergrün besondere Wirkungen zugeschrieben. Als Schutz vor Feuer, Blitz, bösen Geistern und Hexen wurde es an die Hauswand oder unters Dach gehängt und deshalb auch als Donner- oder Hexenbesen bezeichnet. Gallische Druiden gaben es in einen Trank, der unfruchtbare Tiere fruchtbar machen und Vergiftungen, Epilepsie und Schwindelanfälle heilen sollte. Davon inspiriert ist auch der Zaubertrank des Druiden Miraculix im Comic Asterix und Obelix. Nicht zuletzt galt die Pflanze auch als segnend und friedensstiftend, und man gab sich unter ihr den Friedenskuss. Daraus entwickelte sich der Brauch, dass zur Weihnachtszeit die junge Dame, die sich unter dem aufgehängten Zweig befand, geküsst werden durfte – ganz ungestraft und vor der Ehe. Sie ahnen sicherlich schon, wer der himmlische Glücksbringer ist: die Mistel.

Huckepack auf den Ästen

Die Weißbeerige Mistel (Viscum album) ist ein Halbschmarotzer, der huckepack auf den Ästen von Bäumen lebt. Im Laufe der Jahre wächst die Mistel zu kugeligen Büschen heran. Doch wie gelangt ihr Samen auf den Baum? Die weißen Beeren werden von Spechten, Eichelhähern, Seidenschwänzen oder Misteldrosseln gefressen oder bleiben an ihnen haften (ihr lateinischer Name „Viscum“ bedeutet Leim/Klebstoff). Werden die Samen dann an einem geeigneten Ast abgestreift oder die unverdauten Samen ausgeschieden, kleben sie fest, treiben aus und bilden eine Haftscheibe. Der wachsende Spross bohrt sich zu den Leitungsbahnen des Baumes, um Wasser und Mineralstoffe abzuzapfen. In der Regel erleidet der Wirtsbaum keinen dauerhaften Schaden, befallene Äste können aber verkümmern. Bei Birnbäumen etwa stirbt das Gewebe rund um den eingedrungenen Keimling ab, so dass diesem die Nahrungsgrundlage entzogen wird. Da Misteln ab dem vierten Altersjahr jedes Jahr einen neuen Gabelspross bilden, lässt sich ihr Alter leicht bestimmen. Durch ihr sehr langsames Wachstum können die großen Mistelbüsche auf den Weihnachtsmärkten bis zu 20 oder 30 Jahre alt sein.

Gut angepasst an ihren Lebensraum

Die Mistel ist an ihr Leben in der Baumkrone gut angepasst. So wirft sie die Blätter nicht ab, um Energie und Nährstoffe zu sparen. Ihre Blütezeit ist besonders früh, so dass noch keine Baumblätter die Pflanzen verdecken und Bestäuber die Blüten finden können. Und die Beeren sind im Winter reif, wenn die Bäume ebenfalls kahl sind und von Vögeln entdeckt werden können.

Bekannt sind Mistelpräparate heutzutage in der Krebsbehandlung, ihre Wirksamkeit konnte aber durch Studien nicht belegt werden. Früher wurden die klebrigen Beeren auch zur Herstellung von Leim für den Vogelfang eingesetzt.

Beobachtungs- und Aktionstipp

Die Laubholzmistel ist auf vielen Laubbäumen zu finden (mit Ausnahme von Eiche und Buche) und nach dem Laubabwurf gut in den Baumkronen sichtbar. Misteln sind eine wichtige Nahrungsquelle, die Blüten im Frühjahr für Insekten, die Beeren im Winter für eine Vielzahl von Vögeln. Sie können Misteln leicht auch in ihrem Garten ansiedeln: Heften Sie frische, noch klebrige Samen an einen höheren Ast eines geeigneten Wirtsbaumes und ritzen Sie dessen Rinde leicht an.

Achtung

Das Pflücken von wildwachsenden Misteln ist in Deutschland aus Naturschutzgründen weitgehend untersagt.

 

Alle Tipps zur Naturbeobachtung stammen von K. Schmiing (Diplombiologin).

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