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Ein Jahr rot-grüne Umweltpolitik – BUND, Greenpeace und NABU fordern Umsetzung der Wahlversprechen

17. Februar 2014 | Umweltpolitik (NI), Flüsse & Gewässer

Vor einem Jahr, am 19. Februar 2013, kam die rot-grüne Landesregierung ins Amt. Die niedersächsischen Umweltverbände hatten sich von der neuen Regierung Fortschritte für Umwelt und Natur versprochen, und auch der Koalitionsvertrag machte Hoffnung. Doch die Bilanz der großen Umweltverbände BUND, Greenpeace und NABU ist eher ernüchternd. „Wir können die Landesregierung für ihren Richtungswechsel in der Landwirtschaftspolitik loben. Der eingeschlagene Weg führt zu mehr Tierschutz, weniger Massentierhaltung und hoffentlich bald mehr Ökolandbau", sagt Heiner Baumgarten, Landesvorsitzender des BUND Niedersachsen. BUND, Greenpeace und NABU sehen allerdings wichtige Themenfelder, bei denen Rot-Grün dringend und entschieden handeln muss:

„Wir haben uns gefreut, dass das Land die Erarbeitung einer umfangreichen Naturschutzstrategie bis Ende 2014 und eines Landschaftsprogramms angekündigt hat. Doch das enthebt sie nicht von der Verantwortung, dem bisher vernachlässigten Naturschutz auch während der Erarbeitung eine prioritäre Aufmerksamkeit zu schenken", sagt Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen. „Das Natura-2000-Netz sollte eigentlich das Tafelsilber des Naturschutzes in Europa und somit auch in Niedersachsen sein. Es soll unsere Natur, die Lebensräume und Arten vor dem Verschwinden bewahren. Dazu muss es aber auch umgesetzt werden."

Von rund 500.000 Hektar Natura-2000-Flächen in Niedersachsen sind erst 44 Prozent in nationale Schutzgebietskategorien wie Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete überführt worden. Eigentlich hätten im letzten Jahr 100 Prozent umgesetzt sein müssen, so dass nun mit einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und damit gegen das zuständige Land Niedersachsen zu rechnen ist. Bei einer Verurteilung würde das Niedersachsen viele Millionen Euro kosten. Zudem müssen Managementpläne erstellt und umgesetzt werden, damit die Gebiete überhaupt wieder in einen guten Erhaltungszustand kommen. Weiteres Problem ist, dass nicht alle Gebiete nach fachlichen Kriterien abgegrenzt wurden, so dass hier auch Neuabgrenzungen erforderlich werden. Dieses äußerst dringende Problem wird viel zu zögerlich von der neuen Landesregierung angegangen.

Essenziell zur Erreichung der Natura-2000-Ziele ist die Einrichtung von biologischen Stationen zur besseren Schutzgebietsbetreuung wie es sie in Nordrhein-Westfalen gibt. Bestehende Kooperationsvereinbarungen mit BUND, NABU, Naturschutzring Dümmer und ÖSSM und anderen müssen in diese Richtung weiterentwickelt werden. Diese Stationen sind für Betreuung, Monitoring und Management - die behördlicherseits nicht zu leisten sind - von Schutzgebieten zuständig. Zudem klären sie die Bevölkerung über Zusammenhänge in der Natur auf und haben Bestandsschwankungen wichtiger Arten im Blick. „Von Verbändeseite wurden bereits Konzepte entwickelt. Hier erwarten wir vom Land eine schnelle und unkomplizierte Umsetzung", betont Dr. Holger Buschmann.

Beim Thema Wald sehen die Umweltverbände bislang zu wenig Fortschritt. „Ein Jahr nach Regierungswechsel haben sich die Erwartungen an eine Neuausrichtung der Waldpolitik in wichtigen Bereichen nicht erfüllt", sagt Gesche Jürgens, Wald-Kampaignerin bei Greenpeace. „Bei der Umsetzung der im Koalitionsvertrag verankerten Ziele von Rot-Grün, mehr Wälder zu schützen und die Waldnutzung im Landeswald ökologisch auszurichten, sind bislang wenig Resultate zu verzeichnen. Wir erwarten das gleiche Engagement und Anstrengungen für eine ökologische Waldwende wie sie in der Agrarpolitik vorgenommen werden." Große Sorge bereitet die ausstehende Unterschutzstellung von Natura-2000-Gebieten im Wald; hier darf es keinesfalls zu einer Absenkung der Standards durch Rot-Grün gegenüber den unzureichenden Plänen der Vorgängerregierung kommen.

Positiv zu vermerken ist, dass das Gesetz zur Änderung über die Anstalt Niedersächsische Landesforsten am 11. Dezember 2013 verabschiedet wurde und nun nicht mehr nur ein Vertreter der Wirtschaft, sondern auch ein Vertreter der Umweltverbände in den Verwaltungsrat der Niedersächsischen Landesforsten (NLF) berufen worden ist. Bei der jetzt durch die neue Regierung erfreulicherweise geplanten Ausweisung von Wäldern mit natürlicher Entwicklung auf fünf Prozent der Waldfläche im Rahmen des „NWE5-Projektes" der Nationalen Biodiversitätsstrategie ist jetzt die Beteiligung der Umweltverbände vordringlich. In einem ersten Schritt müssen dazu Daten, welche Landeswälder in Niedersachsen bereits zu der Kulisse zählen, unverzüglich veröffentlicht werden.

Die Umweltverbände zeigen sich auch enttäuscht von der rot-grünen Haltung zu den Vertiefungsplänen von Elbe und Weser. Der BUND-Landesvorsitzende Heiner Baumgarten sagt: „Wir erkennen keine kritische Haltung bei diesen massiven Eingriffen in die Ökosysteme der Flüsse. An der Weser werden Kompromisslösungen blockiert, zur Unterelbvertiefung hätte die Landesregierung ihr Einvernehmen verweigern können, was sie aber nicht getan hat. Zudem vermissen wir stringente Anstrengungen zur Verbesserung der Gewässergüte an der Unterems. Stattdessen gibt es noch immer Pläne zur Vertiefung der Außenems."

Bei all diesen Themen spielt laut den Umweltverbänden ein Faktor eine wichtige Rolle: „Der haupt- und ehrenamtliche Natur- und Umweltschutz muss stärker gefördert werden. Denn in keinem anderen Bundesland ist die Naturschutzverwaltung so zusammengestaucht worden wie in den Jahren unter der schwarz-gelben Landesregierung. Nicht umsonst ist unser Land in den letzten Jahren bei allen bundesweiten Vergleichen im Umwelt- und Naturschutz auf den letzten Plätzen gelandet", erläutert Heiner Baumgarten. Die bisher realisierten Umorganisationen könnten nur erste Schritte sein, die im Koalitionsvertrag angekündigte Stärkung und Gleichstellung mit anderen Fachdisziplinen zu erreichen.


Ansprechpartner für Rückfragen:

Carla Juhre, Pressesprecherin BUND Niedersachsen
Tel.: (0511) 965 69 - 39
E-Mail: presse@nds.bund.net

Ulrich Thüre, Pressesprecher NABU Niedersachsen
Tel.: (0511) 911 05 - 27
E-Mail: ulrich.thuere(at)NABU-Niedersachsen.de

Matthias Stelte, Pressesprecher Greenpeace
E-Mail: matthias.stelte(at)greenpeace.de

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