Der BUND Niedersachsen hat Klage beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Abschnitt 1 der geplanten A 20 eingereicht. Der Abschnitt im Ammerland zwischen Westerstede und Rastede ist der erste von acht Abschnitten in Niedersachsen, für den die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr den Planfeststellungsbeschluss am 16. April 2018 erlassen hat. Der Umweltverband hat von Beginn an vor der Umweltschädlichkeit der so genannten Küstenautobahn gewarnt, nun geht er gerichtlich gegen die Planung vor. „Die A 20 fördert den klimaschädlichsten Verkehrsträger überhaupt, die Straße, und ignoriert damit die nationalen und internationalen Klimaschutzziele in eklatanter Weise“, betont Heiner Baumgarten, Vorsitzender des BUND Niedersachsen.
Der BUND hat frühzeitig gemeinsam mit Initiativen gegen die A 20 umwelt- und naturfreundlichere Alternativen vorgeschlagen: die Beseitigung von Engpässen im Schienennetz, den Ausbau der parallelen A 1 und der A 7, bei Bedarf die Ergänzung bestehender Bundestraßen durch Überholabschnitte sowie die Stärkung der Fährverbindung Glückstadt - Wischhafen. „Unsere Vorschläge wurden ignoriert, obwohl damit eine landesweit bedeutende unzerschnittene Landschaft mit ihren zahlreichen nationalen und europäischen Schutzgebieten erhalten bliebe“, so Baumgarten.
„Die Planer schrecken nicht einmal davor zurück, geschützte Biotope für Ausgleichsmaßnahmen zu zerstören“, empört sich auch Susanne Grube, Vorsitzende des BUND Ammerland. „Ich begrüße es sehr, dass dieser Frevel nun vor Gericht auf den Prüfstand kommt, zumal der geringe prognostizierte Verkehr den zu erwartenden Schaden an Natur und Klima nicht rechtfertigt.“ Alle Analysen des Bundesverkehrsministeriums kommen zu dem Ergebnis, dass die A 20 maximal eine mittlere, in manchen Teilabschnitten sogar nur eine geringe Raumwirksamkeit aufweisen wird. Aufgrund ihrer Ost-West-Ausrichtung ist sie für die Hinterlandanbindung der Seehäfen funktionslos. Die straßenseitige Anbindung des überwiegend südlich und südöstlich gelegenen Hinterlandes ist über die vorhandenen Autobahnen bereits gewährleistet.
Der BUND wird bei seiner Klage vom NABU Niedersachsen unterstützt. „Als besonders gravierend sehen wir die Zerschneidung des alten und wertvollen Waldes bei Garnholt“, stellt Dr. Holger Buschmann, Vorsitzender des NABU Niedersachsen, fest. „Dieser Wald ist außerordentlich artenreich, was sich in einem herausragenden Fledermausvorkommen widerspiegelt. Gerade Fledermäuse sind durch Straßenverkehr aber stark gefährdet.“
Hintergrund:
Die A 20 hat in Niedersachsen eine Länge von rund 119 km. Seit 15 Jahren laufen die Planungen zur A 20, aber erst zum jetzigen Zeitpunkt kann eine gerichtliche Überprüfung erfolgen. In Schleswig-Holstein schließen sich einschließlich Elbtunnel weitere rund 80 km an, die noch nicht gebaut sind. Dort werden bereits zwei Abschnitte beklagt, unter anderem wegen fehlender Berücksichtigung eines Fledermausflugkorridors zu einem europaweit bedeutenden Winterquartier.
Die A 20 wurde Ende 2016 in den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegplans (BVWP) 2030 aufgenommen. Der BUND hatte damals die Hochstufung der A 20 kritisiert: Aufgrund des besonders schlechtes Nutzen-Kosten-Verhältnis ist sie das mit Abstand umweltschädlichste Projekt im gesamten BVWP 2030. Selbst das Umweltbundesamt hatte die A 20 auf die Liste der Projekte gesetzt, die vollständig aus dem BVWP 2030 gestrichen werden sollten. Außerdem wurden die EU-Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht angewendet und keine Alternativen geprüft. Damit wurde der Zweck dieser Umweltprüfung - die Untersuchung umweltfreundlicher Alternativen bereits auf der den einzelnen Projektgenehmigungen vorgelagerten Planungsebene – vollständig verfehlt. Auch eine transparente Beteiligung der Öffentlichkeit fand nicht statt.
Die Einstufung der A 20 in den „Vordringlichen Bedarf“ erfolgte aufgrund einer angeblich hohen Raumwirksamkeit und einer vermeintlichen Funktion für die Hinterlandanbindung der Seehäfen. Beide Begründungen sind hinfällig. Die kostengünstigste und längst erfolgreich praktizierte Verbindung der deutschen Seehäfen mit Skandinavien, dem Baltikum und Russland ist der Seeweg. Eine zusätzliche Straßenverbindung in Ost-West-Richtung würde den deutschen Seehäfen dagegen schaden, weil die Fracht leichter in den ARA-Häfen (Antwerpen – Rotterdam – Amsterdam) angelandet und dann auf dem Landweg an den deutschen Häfen vorbei transportiert werden könnte.
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Heiner Baumgarten, Vorsitzender, BUND Landesverband Niedersachsen, heiner.baumgarten(at)bund.de
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