BUND Landesverband Niedersachsen

Kritisch belastet - Bürgerwissenschaftler*innen messen hohe Nitratwerte in Flüssen und Bächen

07. September 2018 | Landwirtschaft, Wasser, Flüsse, Meere (NI), Flüsse & Gewässer, Meere

Ehrenamtliche Emsagent*innen messen seit März die Nitratbelastungen von Flüssen, Bächen und Gräben in der Emsregion. Die Ergebnisse des zweiten Aktionszeitraums vom 15. bis 30. August bestätigen, dass zu viele Nährstoffe von den landwirtschaftlichen Flächen in die Ems und von dort in die Nordsee gelangen.

Über 100 Bürgerwissenschaftler nehmen an der Aktion teil und haben bislang über 330 Wasserproben entnommen. Jede 5. Probe weist anhand der Kriterien der Wasserrahmenrichtlinie zu hohe Nitratwerte auf, jede 10. Probe ist gemäß der Güteklassifikation der Wasserrahmenrichtlinie für Nitrat der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft gar „kritisch belastet“ bis „stark verschmutzt“. „Die Ergebnisse sind alarmierend“, sagt Vera Konermann, Wasserexpertin vom BUND Niedersachsen. „Einzelne Messergebnisse reichten sogar bis zu 55 mg/l Nitrat. Für viele Wassertiere und -pflanzen sind diese hohen Konzentrationen schädlich.“

Im März wurden erwartungsgemäß höhere Nitratwerte gemessen als im August, denn im Sommer nehmen die Pflanzen einen Großteil der Nährstoffe auf, so dass diese nicht ins Wasser gelangen. „Die Messungen unserer Emsagent*innen zeigen zudem lokale Belastungsschwerpunkte auf“, so Konermann. „So wurden im Raum westlich von Meppen im Emsland und bei Westoverledingen in Ostfriesland besonders hohe Nitratwerte festgestellt.“ Aufgrund des Konzepts des Bürgerwissenschaftsprojektes, das den Bürger*innen bei der Auswahl von Ort und Zeitpunkt der Probenahme freie Hand lässt, seien die Ergebnisse nach wissenschaftlichen Kriterien zwar nicht repräsentativ. „Die Daten zeigen dennoch konkreten Handlungsbedarf auf und werden an die zuständigen Wasserbehörden gemeldet, damit diese Maßnahmen gegen Überdüngung treffen können.“

Hauptverursacher der Überdüngung in den niedersächsischen Gewässern ist die industrielle Landwirtschaft. Massentierhaltungsbetriebe erzeugen enorme Mengen an Gülle, die auf die Felder aufgebracht werden. Die überschüssigen Nährstoffe können oft nicht vollständig von dem Boden oder den Pflanzen aufgenommen werden und gelangen somit bei Niederschlag über Entwässerungsgräben in die Flüsse oder sickern langsam ins Grundwasser.

In Niedersachsen ist der Zustand der Gewässer seit Jahrzehnten besonders dramatisch, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie werden fast überall verfehlt. Damit sich der Zustand der Flüssen, Seen und Bächen nicht weiter verschlechtern darf, setzt sich der BUND derzeit mit der Kampagne „Rette unser Wasser“ dafür ein, dass die Fristen für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie auf EU-Ebene nicht noch weiter verschoben und verschleppt werden.

Weitere Informationen finden Sie unter www.emsagenten.de  und unter www.rette-unser-wasser.de .

 

HINTERGRUND:

Die Überdüngung ist eines der größten ökologischen Probleme des Emsgebietes und des Wattenmeers der Nordsee. Hauptverursacher in deutschen Gewässern sind die industrielle Landwirtschaft, der Verkehr an Land und auf See sowie die Industrie. Der massive Ausbau von Massentierhaltungsbetrieben erzeugt enorme Mengen an Gülle, welche auf die Felder ausgebracht werden. Die überschüssigen Nährstoffe können oft nicht vollständig vom Boden oder den Pflanzen aufgenommen werden und gelangen somit bei Niederschlag über Entwässerungsgräben in Flüsse oder sickern langsam ins Grundwasser. Beide Wege führen letztendlich ins Meer.

Laut des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz weisen nur 2 Prozent der Oberflächengewässer in Niedersachsen einen guten ökologischen Zustand auf (Stand 2017). Diese katastrophale Situation ist zum großen Teil auf die hohe Nitratbelastung zurückzuführen: Ab einem Gehalt von 11,1 mg Nitrat pro Liter gilt ein Gewässer laut der Güteklassifikation der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) als kritisch belastet. Um die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie an der Küste zu erreichen, müsste der Nährstoffgehalt der Ems halbiert werden.

Die Aktion „Emsagenten – Mission Gewässerschutz“ ist im Frühjahr 2018 erfolgreich gestartet, alle Mess-Sets waren innerhalb weniger Wochen verteilt, so dass seit März regelmäßig Messdaten der Ehrenamtlichen eintreffen. Drei Aktionszeiträume im März und August 2018 sowie im März 2019 dienen der besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Die Aktion ist Teil des Projektes „Zukunftsperspektive Tideems“ von BUND, NABU und WWF. Sie wird durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung mit Mitteln des Emsfonds gefördert.

 

Für Rückfragen:

Vera Konermann, Referentin Gewässerpolitik, BUND Landesverband Niedersachsen, Tel. (0511) 965 69 – 75, vera.konermann(at)nds.bund.net

 

Pressekontakt:

Dr. Tonja Mannstedt, BUND Landesverband Niedersachsen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel. (0511) 965 69 – 31, tonja.mannstedt(at)nds.bund.net

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