An der Nordsee und Ostsee wird der Bau von insgesamt 11 Terminals für die Anlandung und Speicherung von Flüssigerdgas (LNG) geplant: Schwimmende LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel wurden bereits eröffnet. Die provisorischen schwimmenden LNG-Terminals sollen laut Bundesregierung ab 2025 durch feste Anlagen an Land ersetzt werden. Stationäre LNG-Terminals sind in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade vorgesehen.
Laut LNG-Beschleunigungsgesetz haben die LNG-Terminals eine Laufzeit von 20 Jahren, es wurde auf eine Umweltverträglichkeitsprüfungen verzichtet und die Beteiligung der Zivilgesellschaft wurde massiv reduziert. Der BUND kritisiert diese Vorgehensweise scharf.
Im Januar 2023 hat der BUND gemeinsam mit dem NABU Niedersachsen bei den für den Terminal in Wilhelmshaven zuständigen Genehmigungsbehörden Widerspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sowie die Einleiterlaubnis biozidhaltiger Abwässer eingelegt. Die Umweltverbände kritisieren dabei die unverhältnismäßige Laufzeitgenehmigung des Terminals und die Missachtung der negativen Auswirkungen auf den nahe gelegenen Nationalpark Wattenmeer.
Der BUND Landesverband Niedersachsen hat im März 2024 Klage gegen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des ersten festen LNG-Terminals in Stade eingereicht. Der BUND kritisiert, dass der Bau des LNG-Terminals Stade gegen nationale und internationale Klimaziele verstößt, und warnt vor erheblichen Sicherheitsrisiken für Mensch, Natur und Umwelt durch den geplanten LNG-Terminal.
Die Kritik an den LNG-Terminals schmälert dabei in keiner Weise unsere Verurteilung des verheerenden, völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der BUND fordert uneingeschränkt, dass Deutschland schnellstmöglich unabhängig von russischen Energieimporten werden muss, und appelliert eindringlich an die Politik, jetzt die Weichen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung zu stellen und nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Durch eine ökologische und dezentrale Energieversorgung, durch mehr Energieeinsparen und Effizienz macht sich Deutschland nicht nur unabhängig von fossilen Energien, sondern auch von Staaten, die unsere demokratischen Werte nicht teilen.
Argumente gegen den Bau von LNG-Terminals:
Bis heute haben Bund und Länder keine belastbaren Berechnungen vorgelegt, die belegen, dass weitere Terminals in Deutschland notwendig sind. Aktuell kann Flüssiggas mittels LKW oder Pipeline über Terminals in Belgien (Zeebrügge), Frankreich (Dunkerque) und in den Niederlanden bezogen werden. Sie waren in der Vergangenheit nur zu ca. 25 % ausgelastet. In Europa gibt es aktuell 37 LNG-Terminals, davon 26 in den EU-Mitgliedsländern.
Führende Wirtschaftsforscher, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), haben in Studien ermittelt, dass Deutschland keine LNG-Terminals benötigt, um unabhängig von russischem Gas zu werden. Stattdessen müssen bestehende Kapazitäten genutzt, massive Investitionen in Energieeinsparung und Effizienzsteigerung erfolgen und die Umstellung auf treibhausgasarme Produktionstechnologien vorangetrieben werden. Damit würde Deutschland in der Energieversorgung Unabhängigkeit und Sicherheit gewinnen.
Erdgas, welches hauptsächlich aus Methan besteht, ist nach Kohlendioxid (CO2 ) nicht nur der zweitgrößte Verursacher der menschengemachten Klimaerhitzung, sondern auch ein weiterer fossiler Energieträger, der bei seiner Verbrennung CO2-Emissionen verursacht. Darüber hinaus sind die Förderung, der Transport und die Endnutzung mit Leckagen von Methan verbunden. Methan ist dabei noch deutlich klimaschädlicher als CO2. Bei Gewinnung mittels Fracking ist der sog. „Methanschlupf“ besonders hoch.
Der Aufbau von neuen LNG-Terminals widerspricht den Zielen des Klimaschutzes und ist energiewirtschaftlich unsinnig. Die Anlagen haben eine technische Lebensdauer, die zwischen 30 und 50 Jahren liegt. Um die Klimaziele der Bundesregierung – klimaneutral bis 2045 – einzuhalten, muss Deutschland aber spätestens 2045 vollständig aus Erdgas aussteigen. Laut einer 2017 veröffentlichten Studie wird außerdem ab 2035 der Verbrauch fossiler Brennstoffe inklusive Erdgas in der EU unvereinbar sein mit den Klimaschutzverpflichtungen gemäß dem Pariser Abkommen sowie den jüngst angepassten und erhöhten Klimaschutzzielen der Europäischen Union. Zwar behaupten Politik und Investoren auf nicht-fossile Energieträger umsteigen zu wollen, es gibt jedoch keinerlei konkrete Pläne ab welchem Jahr und in welcher Art und Weise. Zudem ist die technische Machbarkeit in Frage zu stellen. Wird aus dem LNG-Import aus Klimaschutzgründen früher ausgestiegen, droht außerdem die Zahlung von Entschädigungen.
Der BUND kritisiert den vorzeitigen Baubeginn für den LNG-Terminal in Wilhelmshaven aufs Schärfste: Genehmigung und Baubeginn erfolgte ohne Offenlegen der Unterlagen und ohne Beteiligung der Umweltverbände. Der BUND sowie weitere Umweltverbände befürchten massive Auswirkungen auf das höchst sensible Ökosystem von Wattenmeer und Küste: Geschützte Unterwasserbiotope werden zerstört, die lauten Bauarbeiten verursachen erheblichen Unterwasserlärm. Im Baugebiet befindet sich ein wichtiges Nahrungsrevier der europaweit geschützten Schweinswale. Diese Art wird durch Unterwasserlärm massiv beeinträchtigt, was bis zum Tod der Tiere führen kann, da die Tiere ihre Beute auf akustischem Wege orten.
Der BUND lehnt das geplante LNG-Beschleunigungsgesetz strikt ab. Vorgesehen ist Umweltverträglichkeitsprüfungen für diese Vorhaben weitgehend abzuschaffen. Das ist eine klare Abkehr vom Vorsorgeprinzip zum Schutz von Natur und Umwelt. Hinzu kommt die massive Verkürzung von Beteiligungsrechten und Einschränkung von Klagerechten.
Forderungen des BUND
- Sofortige Rücknahme des vorzeitigen Baubeginns für den Terminal in Wilhelmshaven, sorgfältige Prüfung und Bewertung der Umweltfolgen unter Beteiligung der Öffentlichkeit
- Klärung zentraler, offener Fragen zum tatsächlichen Bedarf von LNG-Terminals in Deutschland, zur Herkunft des LNG und Methoden der Gewinnung (Fracking), zu Laufzeiten und technischen Möglichkeiten der Umrüstung auf Grünen Wasserstoff
- Massive Investition in Energieeinsparung, z.B. durch konsequente Sanierung von Bestandsgebäuden und ein längst überfälliges Tempolimit
- Konsequente Förderung naturverträglicher Erneuerbarer Energieformen, z.B. Photovoltaikpflicht auf allen Neubauten und versiegelten Flächen.
Hintergrund
Als Infrastruktur für LNG-Terminals sind neben einem Schiffsanleger Lagertanks, Verdampfungsanlagen und ein Anschluss an das Erdgasnetz notwendig. Das Erdgas muss zuvor mit einem Energieaufwand von 10 - 25 % seines Heizwertes abgekühlt werden. Zur Einspeisung ins Erdgasnetz muss es wieder erwärmt und komprimiert werden, was weitere 1 - 2% Energieaufwand kostet. Transport und Wiederaufbereitung von Flüssiggas energieintensiv und technisch anspruchsvoll.
Das nach Europa importiere Gas stammte 2021 aus den USA, aus Katar, aus Russland, Nigeria und Algerien. Inzwischen haben sich die Importe verändert: Seit Januar 2022 stieg der Anteil der US-Lieferungen in Europa von rund 25 auf mehr als 50 Prozent. Im Falle der USA wird das LNG i.d.R. mittels Fracking gefördert.