Früher war Deutschland vor allem eines: Waldland. Heute bedecken Wälder nur noch ca. 30% des Landes und werden zu großen Teilen forstwirtschaftlich genutzt. Immerhin, geschätzte 26% geeigneten Lebensraumes stehen der scheuen Jägerin in Deutschland zur Verfügung. Dennoch findet man sie nur auf 4,6% dieser Flächen. Diese Waldlebensräume liegen inselartig verteilt, umgeben von einem Netz aus immer dichteren Verkehrswegen, Siedlungsbändern und intensiv genutzten Agrarlandschaften.
Untersuchungen des BUND Thüringen zur Habitatnutzung der Europäischen Wildkatze haben gezeigt, dass schon vegetations- und strukturverarmte Landschaftsstreifen von wenigen hundert Metern Breite die Katzen daran hindern, in entfernte Waldgebiete bzw. neue Reviere zu wechseln.
Bei den Versuchen sich neue Reviere zu erschließen, kommen vorwiegend junge Kater sprichwörtlich unter die Räder, was die Zahl der gemeldeten Totfunde deutlich macht. Der Straßenverkehr bedeutet heute die größte Gefährdung für die Wildkatzen.
Die Einrichtung von Grünen Korridoren zwischen den Waldgebieten und Querungshilfen an Verkehrswegen kann das Risiko der Wanderungen minimieren und den notwendigen genetischen Austausch der isolierten Populationen untereinander fördern. Nur dadurch hat die kleine Raubkatze langfristig eine Überlebenschance.
Der BUND Niedersachsen hat auf Basis des BUND-Wildkatzenwegeplanes eine Analyse vorgenommen, an welchen Verkehrswegen in Niedersachsen ein vordringlicher Bedarf an Querungshilfen für die Wildkatzen dringend erforderlich ist. Das Land Niedersachsen kann für die Umsetzung von Grünbrücken Mittel aus dem Konjunkturpaket II in Anspruch nehmen.
Im Februar 2012 hat das Bundeskabinett ein deutschlandweites Programm zum Bau von Wildtierbrücken beschlossen. Mit diesem Bundesprogramm Wiedervernetzung können die Bundesländer nun Finanzmittel für Grünbrücken abrufen.
Schutzstatus
Seit rund 70 Jahren sind Wildkatzen unter Schutz gestellt und die Jagd auf sie verboten. Das ist auch heute noch so. Deshalb konnten sich die Wildkatzenbestände in einigen Rückzugsgebieten langsam wieder erholen. Die Wildkatze ist eine der seltensten einheimischen Säugetierarten und durch internationale Abkommen, wie dem Washingtoner Artenschutzabkommen (WA), der Berner Konvention und der europäischen Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH-RL, Anhang IV) streng geschützt. In der Roten Liste der gefährdeten Wirbeltiere Deutschlands wird die Wildkatze in Niedersachsen als „stark gefährdet“ eingestuft.
Jagdbare Tierart nach Bundesjagdgesetz (BJG) jedoch mit ganzjähriger Schonzeit. Nach § 29 Abs. 1, Nr. 3 des Niedersächsischen Jagdrechtes (NJagdG) dürfen „wildfarbene Hauskatzen, die sich mehr als 300 m vom nächsten Wohnhaus entfernt befinden“ geschossen werden. Aufgrund der möglichen Verwechslungsgefahr mit Wildkatzen fordert der BUND, freiwillig auf den Abschuss wildfarbener Hauskatzen zu verzichten.
Empfehlungen zur Aufwertung von Lebensräumen
Acker:
Wenn Ackerschläge zur Barriere werden, sitzt die Wildkatze in ihrem Wald fest wie auf einer Insel. Durch den Erhalt oder die Neuanpflanzung von Sträuchern oder Gehölzen in Form von Gehölzstreifen oder mehreren Gehölzinseln in der Feldflur kann sie sich auf ihren Wanderungen orientieren und Deckung finden. Die Landwirte spielen also eine Schlüsselrolle bei der Vernetzung der Wälder und dem Schutz von seltenen Tierarten.
Das können Sie tun:
Unterstützen Sie den BUND. Der BUND kauft und pachtet Flächen, sichert sie durch Grundbucheinträge und schließt Kooperationen. Liegt Ihre Bewirtschaftungsfläche in der Nähe des Wildkatzen-Wanderkorridors? Haben Sie einen Grenzertragsstandort, wo sich die Bewirtschaftung nicht lohnt? Dann melden Sie sich bei uns.
Erhalt und Schaffung linienförmiger oder trittsteinähnlicher Strukturen auf den Feldern (Hecken, Feldgehölz, Lesesteinhaufen, Brachen, Tümpel, Ackerrandstreifen), bieten Deckungsmöglichkeiten für die Wildkatze auf ihren Wanderungen
Wälder:
Einige der Wirtschaftswälder in Deutschland bieten der Wildkatze nur wenig Raum zum Leben. Die Wildkatze liebt abwechslungsreiche ungestörte Laub- und Mischwälder mit Baumhöhlen, Totholzhaufen, Felsen und strukturreichen Waldrändern. Zum Ausruhen und zur Aufzucht der Jungtiere braucht Sie genau diese Gegebenheiten. Da die meisten Wälder heutzutage bewirtschaftet werden, spielen diese Wälder eine große Rolle für das Überleben der Wildkatze.
Das können Sie tun:
Überlassen Sie Windwurfflächen der natürlichen Sukzession.
Errichtung von Kronenwällen, Reisighaufen und dauerhafte Holzpolter.
Holzpolter, die nicht dauerhaft liegen bleiben, sollten entweder sofort oder nach der Zeit der Jungenaufzucht, ab August, abtransportiert werden. Viele Wildkatzen sterben bei dem Abtransport der Stämme, da sie diese als geschützten Aufzuchtort betrachten.
Lassen Sie Ihren Wald nach Naturland- oder FSC-Richtlinien zertifizieren. Damit schaffen Sie die Voraussetzung für eine naturnahe und wildkatzenfreundliche Waldwirtschaft.
Vermeiden Sie größere Holzfällarbeiten während der Jungenaufzucht von April bis August.
Alte Zäune sollten aus dem Wald entfernt werden, da Wildkatzen an den Knotengitterzäunen hängen bleiben.
Strukturreiche Waldränder auch durch verschiedene Baumarten (Plänterwald) schaffen.
Erhalten Sie Waldwiesen.
- Den Waldrand durch einen stufigen Aufbau strukturreicher gestalten.
Totholz, Wurzelteller und hohles Stammholz liegen lassen.
Bei weiteren Fragen melden Sie sich gerne bei uns.