BUND Landesverband Niedersachsen

Mensch mach leise!

Unterwasserlärm tötet!

Lärm verursacht Stress. Wir alle kennen das. Wir alle reagieren empfindlich, wenn wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen und Baustellen und Sirenen unsere Nerven traktieren. Meerestieren geht es nicht anders. Nur sind sie in der Tiefe und Dunkelheit der Meere noch sehr viel mehr auf ihren Hörsinn angewiesen als wir Landbewohner*innen. Wird dieser Hörsinn gestört, sind die Konsequenzen fatal und die Situation unter Wasser verfinstert sich wortwörtlich. Denn für Tiere, die "mit den Ohren sehen" verschlechtert sich die Sicht mit jedem weiteren Eintrag von Unterwasserlärm.

Die Meere sind laut geworden

Der Mensch hinterlässt auch unter Wasser seine Spuren, greift in Lebensräume ein, die ihre fragilen Gleichgewichte über Jahrmillonen entwickelt haben – und krempelt sie um. Während Plastikmüll großteils noch sichtbar ist, ist es Lärm, das akustische Gift, nicht. Schiffsautobahnen, Explosionen, Sonare, Schallkanonen und Offshore-Baustellen sind für die Meerestiere jedoch allgegenwärtig. Der Lärm belastet sie, verändert ihr Verhalten und schädigt sie ganz unmittelbar körperlich bis zum Tod. Dass acht tote Schweinswale, wie im Spätsommer 2019, nach Munitionssprengungen im Naturschutzgebiet Fehrmarnbelt an die Küste gespült werden, darf sich nicht wiederholen. Auch die Nordsee wird ein immer prekärerer Lebensraum für die Meeressäuger: Am Sylter Außenriff, einem ihrer wichtigsten Schutzgebiete, nimmt die Zahl der Tiere drastisch ab. Das geht aus einer aktuellen Studie im Fachmagazin "Frontiers In Marine Science" hervor. Wenn wir den Meeren nicht ihre ursprüngliche Ruhe zurückgeben können, dann müssen wir zumindest den menschengemachten Lärm deutlich reduzieren! Der ruinöse Umgang mit dem "Ursprung allen Lebens" ist keine Belastungsprobe, die wir ewig ausdehnen können.

Deutschland muss die Initiative ergreifen

Deutschland hat 2021 den HELCOM-Vorsitz inne, eine zwischenstaatliche Kommission für den Meeresschutz im Ostseeraum, und muss das Thema ebenda ganz nach vorn bringen. Zudem wird dieses Jahr die EU-Meeresstrategie Rahmenrichtlinie (MSRL) aktualisiert: Maßnahmen zur Lärmreduktion müssen aufgenommen und umgesetzt werden.

Wir fordern mit unserem Appell an Bundesumweltministerin Svenja Schulze und HELCOM-Vorsitzende Dr. Lilian Busse:

  • weltweit die Geschwindigkeit von Container­schiffen um 20 Prozent reduzieren, wodurch ihr Lärmeintrag um 60 Prozent gemindert werden kann
  • Sprengungen von Munitionsaltlast nur mit Blasen­schleiern und wenn eine Bergung nicht möglich ist
  • die Suche nach Öl- und Gasvorkommen mit Schallkanonen verbieten; Alternativen für geologische Untersuchungen entwickeln und fördern
  • Sonareinsätze zeitlich und räumlich verbieten

Helfen Sie Schweinswal und Co. jetzt und schicken Sie eine Mail an Svenja Schulze und Dr. Lilian Busse!

Lärm- und Schallquellen

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Was sind menschengemachte Schallquellen?

Grundsätzlich wird zwischen impulshaften und dauerhaften Schallquellen unterschieden.

Impulshafte Schalleinträge entstehen z. B. durch das Rammen beim Bau von Offshore-Bauwerken wie Öl- und Gas-Plattformen oder Windkraftanlagen, Sprengungen von Munitionsaltlasten, Schallkanonen zur Erkundung von Öl- und Gasvorkommen oder die Nutzung von aktiven und passiven Sonar z.B. durch das Militär und Schiffe.

Der Schiffslärm macht einen Großteil der dauerhaften Lärmeinträge in die Meere aus, dazu gehören nicht nur die großen kommerziellen Frachtschiffe, sondern auch Fähren (insbesondere Schnell­fähren), der Versorgungs­verkehr zu Offshore-Windparks oder Öl- und Gas-Plattformen oder Freizeitaktivitäten wie Jet-Skis und kleine Motorboote. Weitere Einträge von Dauerlärm verursachen der Sand und Kiesabbau, Bohrungen oder neueren Gründungsverfahren für Offshore-Windparks, wie Vibrationsrammverfahren.

Wie breitet sich Unterwasserschall aus?

Unterwasserschall kann sich – abhängig von dem Lärmpegel der Quelle, der Tonhöhe sowie den physikalischen Eigenschaften des Wasserkörpers und der Form des Meeresbodens – über große Distanzen ausbreiten. Wie sich der Schall auf Tiere auswirkt, hängt unter anderem von der Intensität und Dauer der Beschallung, der Entfernung des Tieres zur Schallquelle und der Lärmempfindlichkeit der jeweiligen Tierart ab.

Wie wirkt sich Unterwasserschall auf Meeressäuger aus?

Viele Meerestiere reagieren sehr empfindlich auf Unterwasserschall. Aufgrund der Dunkelheit unter Wasser verlassen sich viele von ihnen zur Orientierung, Nahrungs- und Partnersuche oder der Verteidigung gegen Fressfeinde auf ihren Hörsinn. Wale zum Beispiel schicken Laute (Klicks) ins Wasser und wissen von der Art, wie die Laute wieder zurückschallen und reflektieren (Echo), ob Nahrung, Feinde, ihr Kalb oder ein Hindernis da ist.

Stresssymptome

Unterwasserschall ruft bei fast allen Tieren Stresssymptome hervor. Vorbeifahrende Schiffe heben beispielsweise das Stresslevel von Strand­krabben und lassen sie hyperventilieren. Intensivere Schallwellen von Luftkanonen und Munitions­sprengungen können auch noch in großer Entfernung von der Lärmquelle Stress bei den Tieren auslösen. Am schlimmsten ist es, wenn verschiedene Lärmquellen zusammen auftreten. An manchen Orten in unseren Meeren können die Tiere dem Lärm nicht entkommen. Der durch Lärm hervorgerufene Stress kann viele Auswirkungen haben, von Herzrasen, erhöhtem Stoffwechsel, schwächerem Immunsystem bis hin zu einer erhöhten Sterberate.

Verhaltensänderung

Erhöhte Schalleinträge können dazu führen, dass z.B. Wale Habitate zeitweise oder permanent meiden, in denen sie sich gewöhnlich aufhalten oder jagen würden. Es beeinträchtigt ihr Tauch-, Jagd- und Fluchtverhalten und kann zu einem größeren Energieverbrauch und zu reduzierter Nahrungsaufnahme führen, wodurch die Tiere geschwächt werden. Auch bei anderen Tieren, wie zum Beispiel Dorschen, Haien oder Tintenfischen wurden Verhaltensänderungen wie erhöhte Aggression oder gestörtes Paarungsverhalten nachgewiesen.

Maskierung

Der vom Menschen verursachte Lärm kann wichtige biologische Schallsignale überdecken, ein Umstand, der in manchen Fällen tödliche Konsequenzen haben kann. In der Natur kann eine solche Maskierung z. B. die Orientierung verhindern oder die Annäherung eines Feindes überdecken. Auch kann es bei Walen während der Aufzuchtphase zur Trennung von Mutter-Kalb-Paaren kommen, wenn sie sich nicht mehr "hören" und damit auch nicht mehr "sehen" können.

Hörwellenverschiebung

Eine Verschlechterung der Hörempfindlichkeit kann temporär oder permanent auftreten, wie bei einem Hörsturz. Vor allem bei Meeressäugern, die akustische Signale zur Orientierung, Jagd und Kommunikation nutzen, kann eine solche Hörschwellenverschiebung schwere gesundheitliche Folgen bis hin zum Tod haben.

Köperliche Schädigung

Im Nahbereich können durch den Schall ernste (auch tödliche) Verletzungen entstehen, insbesondere bei Meeressäugern, Jungfischen und Fischen mit Schwimmblase sowie bei Fischeiern und den verschiedenen Larvenstadien. Außerdem kann die Lärmbelastung Auswirkungen auf den Tauch-Rhythmus der Tiere haben, die als Fluchtreaktion unregelmäßig Auf- und wieder Abtauchen. Dies kann ernste Verletzungen wie z. B. Blutungen in den Ohren von Meeressäugern und Risse an Schwimmblasen von Fischen hervorrufen

Lärm macht krank

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