Das LNG-Märchen

Der LNG-Boom gefährdet Klimaziele und das Ökosystem Wattenmeer. Mit allen Mitteln will der BUND diese Rolle rückwärts beim Klima- und Umweltschutz verhindern.

Parallel zur Umweltminister*innen-Konferenz in Wilhelmshaven demonstrierte der BUND gemeinsam mit einem vielfältigen Bündnis im Mai 2022 für eine naturverträgliche Energiewende und gegen den Bau des LNG-Termnials.

Als im Dezember 2022 das erste LNG-Terminal in Wilhelmshaven eröffnet wurde, haben die Regierungsparteien auf Bundes- und Landesebene dies als großen Erfolg gefeiert. Der BUND kritisiert die überdimensionierten Planungen für die Flüssiggas-Infrastruktur in Deutschland hingegen als klima- und umweltschädlich.

Zwar unterstützt der Umweltverband ausdrücklich die Ziele von Energiesicherheit sowie Unabhängigkeit von Russland und anderen autokratischen Staaten. Der laut LNG-Beschleunigungsgesetz geplante Bau von bis zu 11 Terminals in Deutschland mit Laufzeiten von 20 Jahren schießt jedoch weit über das Ziel einer Krisenvorsorge hinaus und würde eine fossile Infrastruktur für die Zukunft zementieren.

Die LNG-Ausbaupläne stehen im massiven Widerspruch zu nationalen und internationalen Klimazielen. Das belegen inzwischen mehrere wissenschaftliche Studien wie die des New Climate Institute. Auch widersprechen sie den Aussagen im Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Landesregierung, die sich verpflichtet, Niedersachsens Energiebedarf bis spätestens 2040 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Mit Laufzeiten von LNG-Terminals, die weit über dieses Datum hinausgehen, ist dieses Klimaziel bereits heute zum Scheitern verurteilt.

Auf den Vorwurf, fossile Überkapazitäten zu schaffen, reagieren Bund und Land mit der vermeintlichen Umbaufähigkeit der LNG-Terminals für grünen Wasserstoff oder Ammoniak. Diese „Mähr“ wurde inzwischen wissenschaftlich widerlegt: So sieht eine Studie des Fraunhofer Instituts große Unsicherheiten bei der Machbarkeit und geht von erheblichen technischen Anpassungsbedarfen sowie hohen Kosten für eine Umrüstung aus. Auch sieht das LNG-Beschleunigungsgesetz eine Umrüstung erst nach 2043 vor – also viel zu spät.

Besonders kritisch ist, dass das in Wilhelmshaven stationierteLNG-Schiff (FSRU - Floating Storage and Regasification Unit) Hoegh Esperanza laut Betreiber Uniper täglich bis zu 530.000 m3 mit Chlor- und Bromnebenprodukten belastete Abwässer in die Jade einleitet. Nach Berechnungen des BUND würde allein die geplante Einleitung von Bromoform die Konzentration, bei der keine schädlichen Auswirkungen auf Wasserorganismen zu erwarten sind, um das bis zu 500-fache überschreiten. Beeinträchtigungen der Jade und negative Auswirkungen auf den nahe gelegenen Nationalpark Wattenmeer können nicht ausgeschlossen werden.

Während Bundes- und Landespolitik das LNG-Beschleunigungsgesetz als Blaupause für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren loben, kritisiert der BUND das Gesetz als ein gravierendes Negativbeispiel für die Abkehr vom Vorsorgeprinzip für Mensch, Natur und Umwelt. Auf Umweltverträglichkeitsprüfungen für Vorhaben dieser Art wird laut Gesetz verzichtet, die Beteiligungsrechte von Bürger*innen werden massiv beschnitten.

Trotz erheblicher Bedenken von Umweltschutzverbänden und Anwohner*innen sind die Genehmigungen für den Betrieb des FSRU erteilt worden. Der BUND hat dagegen Widerspruch eingelegt und zieht derzeit weitere juristische Schritte in Erwägung. Die derzeitigen Pläne sind nicht nur aus Gründen des Klima-,Umwelt- und Naturschutzes abzulehnen. Hinzu kommt eine massive Kostenexplosion für die geplante fossile Infrastruktur. Statt der ursprünglich geplanten 2,7 Milliarden Euro für die LNGTerminalschiffe hat der Bundestag inzwischen 6,6 Milliarden Euro freigegeben. Mittel, die dringend zum Ausbau der Erneuerbaren und für wirksame Maßnahmen zur Steigerung der  Energieeffizienz und -einsparung benötigt werden.

Stärken und Schwächen im Koalitionsvertrag

Anfang November haben die Regierungsparteien in Niedersachsen, SPD und Bündnis 90/Die Grünen, ihren Koalitionsvertrag verabschiedet.

Wie Sie bereits im Editorial lesen konnten, hat sich die Landesregierung ehrgeizige Ziele für den Klimaschutz gesetzt. Im Natur- und Artenschutz bleibt die Vereinbarung jedoch zu vage. Auch wird die Chance für eine konsequente Mobilitätswende verpasst.

Eine ausführliche Analyse der Stärken, Schwächen und Leerstellen des Koalitionsvertrags finden Sie auf unserer Homepage:
www.bund-niedersachsen.de/auswertung-koalitionsvertrag

 

Das fordert der BUND

  • Die kurzfristige Krisenvorsorge muss im Einklang mit den Klimaschutzzielen erfolgen. Solange kein Gesamtkonzept vorliegt, was die Vereinbarkeit nachweist, dürfen keine weiteren Genehmigungen für LNG-Terminals erteilt werden.
  • Das LNG-Beschleunigungsgesetz ist an die Anforderungen der nationalen und internationalen Klimaziele, der Umweltvorsorge und der Beteiligungsrechte der Zivilgesellschaft anzupassen. Dies erfordert u. a. eine klare Begrenzung der Laufzeiten und die Reduzierung der Anzahl der geplanten Terminals auf den nachgewiesenen Bedarf.
  • Auf Umweltverträglichkeitsprüfungen darf nicht verzichtet werden. Eine entsprechende Prüfung ist für das Gesamtvorhaben in Wilhelmshaven nachzuholen. Die Einleitung von Bioziden ist durch ein Alternativverfahren nach neustem Stand der Technik zu ersetzen.


Susanne Gerstner
Landesvorsitzende

BUND-Bestellkorb