Arndt Meyer-Vosgerau
Sprecher des Landesarbeitskreises Wattenmeer
Die zunehmende Industrialisierung der Nordsee und des Wattenmeeres gefährdet das Meeresleben. Unser Hilferuf nach einem besseren Schutz wird lauter.
Noch sind das Wattenmeer und die angrenzenden Meere ein unersetzliches Reservoir für die biologische Vielfalt mit einzigartigen Lebensräumen für Pflanzen, Fische, Vögel und Meeressäuger. Ausgezeichnet als UNESCO-Weltnaturerbe und Nationalpark genießt das Wattenmeer den höchstmöglichen Schutz. Doch der Klimawandel und die menschlichen Aktivitäten bedrohen dieses Kleinod zunehmend.
Fischerei, Schifffahrt, Anbindung und Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen, Förderung fossiler Rohstoffe, Küstenschutz und zunehmender Tourismus – all diese Nutzungen lassen dem Meeresleben nur wenig Platz. Tierarten wie der Schweinswal sind starken Belastungen und Unterwasserlärm ausgesetzt, die sie in ihrem Bestand bedrohen.
Schutzmassnahmen ausweiten!
Der BUND in Niedersachsen setzt sich seit Jahren für einen besseren Schutz des Wattenmeeres ein. In seinem gerade veröffentlichten Positionspapier fordert er das Land und den Bund zum Handeln auf: Wir brauchen ein Sofortprogramm, der seinem Status als Weltnaturerbe gerecht wird. Die Ausbeutung und Erforschung fossiler Rohstoffe innerhalb der Grenzen des Weltnaturerbes muss endgültig beendet werden. Vor allem aber muss die Offshore-Energieerzeugung auf ein für das Ökosystem noch verträgliche Maß beschränkt werden. Denn der Bau von über 20 Kabeltrassen, die nach aktueller Planung der Bundesregierung notwendig wären, mitten durch den Nationalpark würde diesen hochsensiblen Lebensraum massiv beeinträchtigen.
Angesichts der immer wieder vorkommenden Havarien – jüngst der „Fremantle Highway“ in 2023 – fordert der BUND strengere Vorschriften auf den internationalen Schifffahrtsrouten und die Nutzung küstenferner Strecken für den Transport gefährlicher Güter. Doch auch die Zunahme des Schiffsverkehrs zwischen dem Festland und den Nordseeinseln setzt das Meeresleben unter Druck. Striktere Regulierungen wie ein Tempolimit für Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge wie Offshore-Versorgungsschifffahrt und Wassertaxis, eine Reduzierung der Schnellfährenverbindungen und die Festlegung von verbindlichen Fahrtrouten könnten die Umweltbelastung reduzieren. Neben einem Paradigmentwechsel hin zu einem naturbasierten Küstenschutz und damit verbunden einer Stärkung des Artenschutzes im Nationalpark bedarf es eines nachhaltigen Fischereimanagements. So setzt sich der BUND für ein europaweites Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten bis zum Jahr 2030 ein, damit sich die geschwächten Ökosysteme und Fischbestände erholen können.
Diese und weitere Maßnahmen müssen dazu beitragen, dass einzigartige Wattenmeer mit seiner einmaligen Artenvielfalt zu erhalten. Im Nationalpark Wattenmeer müssen natürliche Dynamiken und der Schutz der Biodiversität eindeutig im Vordergrund stehen. Deshalb fordert der BUND, 75 Prozent des Nationalparks als Nullnutzungszonen auszuweisen, in denen keine Aktivitäten erlaubt sind. Diese Ruhezonen können Seehunden, Kegelrobben und Schweinswalen sowie Wattenmeervögeln als Ruhe- und Rückzugsgebiete dienen. Gleichzeitig werden so bedrohte und seltene Lebensräume erhalten und natürliche Erholungs- und Entwicklungsprozesse ermöglicht.
Das Forderungspapier des BUND Niedersachsen zum Wattenmeerschutz finden Sie unter:
Marine Perrin
Referentin für Meeresschutz
Ruhe für den Schweinswal
In dem dreijährigen Projekt „Ruhe für die Schweinswale“ macht der BUND auf die Problematik von Unterwasserlärm auf diese sensiblen Meeressäuger aufmerksam. Der zunehmende Lärm in den Meeren beeinträchtigt den Orientierungssinn der Schweinswale erheblich. Die Folgen sind Verständigungsschwierigkeiten mit ihren Artgenossen, Orientierungslosigkeit oder sogar Tod. Tourist*innen und Sportbootfahrer*innen, aber auch Politik und Zivilgesellschaft werden über diese Folgen informiert und für den dringend notwendigen Schutz des Wattenmeeres sensibilisiert. Im Projekt wird dafür eine Hörausstellung entwickelt, die uns in die Welt der Schweinswale eintauchen lässt. Mit pädagogischen Informationsangeboten werden Menschen an der Küste und auf den Inseln auf das Problem hingewiesen und zum Handeln aufgefordert. In Zusammenarbeit mit den Akteur*innen vor Ort werden umfangreiche Maßnahmenempfehlungen entwickelt, um die Lärmursachen zu verringern und die Schweinswale in Zukunft besser zu schützen. Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung durchgeführt und von der Bingo-Umweltstiftung und der Niedersächsischen Wattenmeerstiftung gefördert.
Informationsveranstaltungen
21. Februar | 18 - 20 Uhr | digital
2. März | 15 - 17 Uhr | Nationalparkhaus Dornumersiel
Weitere Informationen zum Projekt