Ein Bündnis zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert die Bundesregierung auf, bis 2045 aus dem Naturgipsabbau auszusteigen und ab sofort keine Genehmigung neuer Abbauflächen zu erteilen. In einem gemeinsamen Positionspapier sprechen sich die Verbände GRÜNE LIGA, Naturschutzbund (NABU), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Verband deutscher Karst- und Höhlenforscher (VdHK) und die Initiative Architects for Future (A4F) für den Erhalt seltener Naturlandschaften und ein grundsätzliches Umdenken im Baubereich aus. Die Hälfte des Naturgipses in Deutschland wird im Südharz abgebaut. Dies ist eines der artenreichsten Gebiete in Deutschland. Aktuell landet der Großteil der hergestellten Gipsprodukte als Abfall auf Deponien und wird nicht wiederverwendet.
Vierzig Prozent der deutschen CO2-Emissionen entstehen im Bausektor. Trotzdem wird an einem Bauboom mit hochpreisigem Neubau festgehalten, bei dem sich die Wohnfläche pro Kopf weiter erhöht. Nachhaltiges ressourcensparendes Bauen und die Förderung sozial-gerechten Wohnraums müssen zukünftig die Baupolitik bestimmen, damit sich der Rohstoffbedarf insgesamt auf Mengen reduziert, die in der Kreislaufwirtschaft umsetzbar sind, heißt es im gemeinsamen Positionspapier.
Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin: „Gips ist ein endlicher Rohstoff, den wir nicht wahllos aus der Natur entnehmen können. Auch in der Gipsindustrie braucht es eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, denn Gips lässt sich vergleichsweise einfach recyceln. Alternative Baustoffe wie Lehm oder Holz können vielerorts Gips ersetzen. Die neue Bundesregierung muss ressourcenschonendes Bauen endlich voranbringen.“
Farina Hoffmann, Leiterin des Gipsprojektes bei der GRÜNEN LIGA: „Im Südharz sollen wertvolle Landschaften weggebaggert werden um die Profite der Gipsunternehmen zu steigern. Das ist genau das Gegenteil von einer klimaschonenden Bauwende mit insgesamt weniger Ressourcen und einheimischen Rohstoffen.“
Ralf Schulte, Leiter Fachbereich Naturschutzpolitik, NABU Bundesverband: „Die Gipskarstlandschaft im Südharz ist weltweit einmalig und durch die Bewaldung sogar einzigartig. Unser oberstes Ziel muss es sein, diesen Biodiversitäts-Hotspot zu erhalten. Der Wegfall von REA-Gips darf kein Freibrief für die Zerstörung von seltenen oder gar einzigartigen Lebensräumen sein. Ein Umdenken hin zu sinkendem Rohstoffbedarf sowie Investitionen in die Recycling-Infrastruktur im Bauwesen muss endlich stattfinden.“
Bärbel Vogel, Vorsitzende des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V.: „Einmal abgebaut, ist Gipskarst nicht renaturierbar, Höhlen auch nicht. Was in Jahrmillionen entstanden ist, wird geopfert und damit ober- und unterirdische Schätze. So wird geologisches, biologisches und archäologisches Erbe der Menschheit im Karst unwiederbringlich vernichtet. Wir dürfen uns diese Form der Ausbeutung nicht länger leisten.“
Ein Ausstieg aus dem Naturgipsabbau hat für Niedersachsen eine besondere Relevanz. Erst kürzlich ist es dem BUND Niedersachsen dank massiver Proteste gegen den Entwurf eines neuen Landesraumordnungsprogramms gelungen, 45 Hektar wertvolle Natur im Südharz vor dem Gipsabbau zu retten. Der BUND Niedersachsen fordert, dass auch künftig keine Abbauflächen über die bislang genehmigten Flächen hinaus zugelassen werden dürfen, und begrüßt daher das Positionspapier der Verbände.
Weitere Informationen:
Verbändeposition zum Abbau von Naturgips in Deutschland: www.bund.net/naturgips
Die GRÜNE LIGA veranstaltet am 8. Oktober 2021 ab 9.30 Uhr eine Online-Tagung zur Umweltverträglichkeit des Gipsabbaus.
BUND-Forderungen in Niedersachsen: www.bund-niedersachsen.de/harzer-gipskarst-retten
Fotos: www.bund-niedersachsen.de/pressefotos/
Presse-Kontakte:
Anfragen zu Höhlen und Gipskarst, Bärbel Vogel, vorsitz(at)vdhk.de, Tel. (08361) 269
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BUND Niedersachsen Pressestelle: Dr. Tonja Mannstedt, Tel. (0511) 965 69-31, Mobil (0171) 359 86 76, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de