Die Entscheidung von Kanzler Scholz, nun auch den Weiterbetrieb des AKW Emsland über den 31.12.2022 hinaus bis zum 15.04.2023 zu ermöglichen, kommentiert Susanne Gerstner, Landesvorsitzende des BUND Niedersachsen:
„Kanzler Scholz hat entgegen der durch den Stresstest belegten Faktenlage entschieden, auch das AKW Emsland am Netz zu lassen. Was auf den ersten Blick als beherzte Aktion zur Rettung in der Energiekrise wirkt, ist bei genauerem Hinsehen ein unverantwortliches Risikospiel mit offenem Ausgang und verschwindend geringem Einfluss auf den Strommarkt. Die Brennelemente im AKW Emsland sind so weit abgebrannt, dass bereits ab November nur noch eine reduzierte Leistung möglich ist. Im besten Fall kann das AKW 0,03 % des Jahresenergieverbrauchs erzeugen.
Eine solche Symbolpolitik könnte dann im Sinne des Koalitionsfriedens akzeptiert werden, wenn die Entscheidung nicht gleichzeitig erhebliche Risiken nach sich ziehen würde: Das AKW Emsland hat seit 3 Jahren keinen TÜV mehr, die im Zehn-Jahres-Turnus vorgeschriebenen ausführlichen Sicherheitsüberprüfungen wurden mit Blick auf die begrenzte Laufzeit ausgesetzt. Bereits vor 3 Jahren sind Korrosionsschäden im hochsensiblen Bereich des Dampferzeugers aufgetreten. Der BUND hatte die erheblichen Mängel mehrfach massiv kritisiert und ein sofortiges Abschalten des AKW gefordert.
Wenn die FDP die Kanzlerentscheidung für das befristete Weiterlaufen der AKW nun als Erfolg im Sinne der Energiesicherheit und der Unabhängigkeit von russischem Gas deklariert, ist das entweder bewusste Irreführung oder erschreckendes Nichtwissen: Auch Herrn Lindner sollte inzwischen bekannt sein, dass fast die Hälfte des Bedarfs an Natururan in der EU durch Lieferungen aus Russland und Kasachstan gedeckt wird und der russische Staatskonzern Rosatom als zentraler Player entlang der gesamten nuklearen Produktionskette agiert.
Hätte Kanzler Scholz rein pragmatisch und faktenbasiert Kosten, Risiken und Nutzen abgewogen, hätte er nur zu einer Schlussfolgerung kommen dürfen: Abschalten des AKW zum 31.12.22, gleichzeitig massive Investitionen in den naturverträglichen Ausbau Erneuerbarer Energien sowie dauerhafte und wirksame Maßnahmen für Energieeinsparung und -effizienz. Der BUND fordert SPD und Grüne in Niedersachsen dringend auf, im gemeinsamen Koalitionsvertrag die bislang klare Haltung für einen konsequenten Atomausstieg festzuschreiben.“
Weitere Informationen:
BUND-Positionspapier „10 Gründe für einen konsequenten Ausstieg aus der Atomenergie“
Kontakt:
Susanne Gerstner, Landesvorsitzende, BUND Landesverband Niedersachsen, susanne.gerstner(at)nds.bund.net
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