BUND Landesverband Niedersachsen

Klima- und Moorschutz statt Asphalt - Bundesverwaltungsgericht verhandelt über Bau der A 20

31. Mai 2022

Heute verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber, ob der erste niedersächsische Bauabschnitt der Autobahn A 20 rechtswidrig ist. Im Jahr 2018 hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Niedersachsen gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt. Die Entscheidung könnte bahnbrechend sein - nicht nur für die weiteren Planungen zur A 20, sondern auch für alle weiteren Autobahn-Neubauprojekte in Deutschland. Mit bunten Aktionen protestieren BUND-Aktive seit Tagen zusammen mit anderen Umweltorganisationen vor dem Gericht für eine Verkehrswende, die mit dem Stopp der A 20 beginnt.

Heiner Baumgarten, BUND-Landesvorsitzender Niedersachsen: „Die A 20 ist Symbol einer verkehrten Verkehrspolitik. Als klima- und umweltschädlichstes Projekt des gesamten Bundesverkehrswegeplans trägt sie erheblich zur Verschärfung der Klimakrise bei: Der Verkehr, der auf der A 20 entsteht, sowie Bau und Unterhaltung würden mehr als 90.000 Tonnen CO2 verursachen. Jedes Jahr. Wolle man dies kompensieren, müssten 30.000 Hektar neuer Wald gepflanzt werden. Der Bau dieser Autobahn steht damit in krassem Widerspruch zu nationalen und internationalen Klimaschutzzielen. Es ist Zeit, diese vollkommen überholte Planung für immer zu begraben.“

Gegen den Bau der A 20 führt der BUND zahlreiche Argumente ins Feld. Angesichts der Klimakrise und des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz im April 2021 ist sie unvertretbar. Die Autobahn zwischen Westerstede und Bad Segeberg ist mit rund 200 Kilometern nicht nur das längste Neubauprojekt des gesamten Bundesverkehrswegeplans, sondern mit 760 Millionen Euro auch das mit dem größten Umweltschaden durch Lärm und Luftschadstoffe. Hinzu kommen Schäden durch Versiegelung, Zerstörung von Lebensräumen, Zerschneidung von Landschaften und die Beeinträchtigung von Schutzgebieten, die in der Berechnung nicht berücksichtigt wurden. In mehreren Klageverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht für drei Abschnitte bereits Verstöße gegen das Wasser- bzw. Artenschutzrecht festgestellt. Seltene Tierarten wie Großes Mausohr, Moorfrosch oder Pirol sind vom Bau der A 20 bedroht.

„Allein durch den Bau der Trasse werden rund 2.000 Hektar wertvoller Böden zerstört“, so Baumgarten weiter. „Weit über die Hälfte der geplanten A 20 führt durch Moor- und Marschgebiete. Das widerspricht gänzlich der Moorschutzstrategie der Bundesregierung. Das Potenzial, durch eine Renaturierung oder moorverträgliche Nutzung klimaschädliche Gase zu binden, wird mit der Überbauung der Moorböden förmlich zubetoniert.“ Allein für die Bauabschnitte 1 und 2 der A 20 müssten 1,8 Mio. m³ Torf ausgehoben werden. Damit würden 450.000 Tonnen klimaschädliches CO2 freigesetzt – ohne dass dort auch nur ein einziges Auto gefahren wäre.

Aufgrund der parallel verlaufenden Autobahn A 1 und der geringen Siedlungsdichte weist die geplante Küstenautobahn eine schwache Verkehrsbelegung und ein niedriges Nutzen-Kosten-Verhältnis auf: Sogar das Bundesverkehrsministerium geht davon aus, dass auf der A 20 weniger Autos fahren werden als auf einer gut ausgebauten Bundesstraße. Ihre vermeintliche Funktion für eine Anbindung der Seehäfen hat der BUND bereits früh widerlegt: Alle Häfen haben bereits Autobahnanschlüsse. Die A 20 verfehlt damit nachweislich alle Kriterien, die für die Aufnahme in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans nötig gewesen wären.

Susanne Grube, Vertreterin des Bündnisses der A20-Gegner und Vorsitzende des BUND Ammerland: „Der Bau der A 20 wäre nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Desaster. Das Neubauprojekt wird mit 7 Milliarden Euro doppelt so teuer wie im Bundesverkehrswegeplan 2030 veranschlagt. Entscheidungen für den Bau wurden somit unter falschen Annahmen getroffen. Das sind Steuergelder für ein überflüssiges Prestigeprojekt! Gelder, die wir dringend für die Bewältigung der Klimakrise und die Mobilitäts- und Energiewende benötigen. Anstatt neue Autobahnen zu bauen, müssen jetzt stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert und der Verkehr auf die Schiene verlegt werden. Es darf nicht sein, dass wir unsere wertvollen Moore, Wälder, Wiesen und Felder und das Klima diesem Irrweg opfern.“

 

Hintergrund:
In 2021 hatten der BUND und das Bündnis der A20-Gegner eine Studie vorgelegt, die die Unwirtschaftlichkeit der Küstenautobahn A20 zwischen Westerstede in Niedersachsen und Weede in Schleswig-Holstein belegt. Für keinen der 18 Abschnitte der geplanten A 20 liegt bisher ein rechtskräftiger oder vollziehbarer Planfeststellungsbeschluss vor. Die BUND-Klage wird maßgeblich durch den Schutz- und Klagefonds des Bündnisses der A20-Gegner ermöglicht. Ein Urteil wird in zirka 2 Wochen erwartet.

Mit Aktionen haben der BUND und andere Umweltorganisationen in den vergangenen Jahren immer wieder gegen den Bau der A 20 protestiert – zuletzt am vergangenen Sonntag in Leipzig. Rund 600 Menschen nahmen an der Demo vom Hauptbahnhof zum Bundesverwaltungsgericht mit anschließender Kundgebung teil.

 

Weitere Informationen:
www.bund-niedersachsen.de/a20
www.a20-nie.de
www.bund.de/mobilitaet

Kontakt:
Heiner Baumgarten, Landesvorsitzender BUND Niedersachsen, heiner.baumgarten(at)bund.net

BUND-Pressestelle:
Dr. Tonja Mannstedt, Tel. (0511) 965 69 – 31, Mobil (0171) 359 86 76, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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