KKW Grohnde

AKW in Niedersachsen

Der deutsche Atomausstieg wurde im Jahr 2011 nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossen. Dabei wurden lange Restlaufzeiten für die Atommeiler vereinbart. Am 15. April 2023 wurde das AKW Emsland vom genommen. Das Erbe der AKW in Niedersachsen wird uns noch lange begleiten.

Trauriges Schlusslicht in Niedersachsen: AKW Emsland

Atomkraftwerk Emsland in Lingen  (ChNPP / Wikimedia / Creative Commons )

Das Atomkraftwerk Emsland in Lingen, auch Lingen II genannt, war zusammen mit den AKW Isar 2 und Neckarwestheim 2 der letzte Meiler, der in Deutschland vom Netz ging.

Am 15. April 2023 wurde das AKW Emsland abgeschaltet. Nach Ansicht des BUND war dies längst überfällig. Nicht nur war der Anteil der Energieversorgung aus AKWs verschwindend gering, auch wurden die immer wieder von BUND Niedersachsen, .ausgestrahlt und vielen weiteren Akteuren kritisierten Sicherheitsmängel des AKWs ignoriert. Zudem hat Kanzler Scholz  Mitte Oktober 2022 entgegen der Faktenlage entschieden, alle drei derzeit in Deutschland noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke (AKW) bis zum 15. April 2023 im Streckbetrieb am Netz zu behalten.

Das Erbe des Atomkraftzeitalters in Niedersachsen

Nur 40 Kilometer südlich der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover liegt das am zweitlängsten noch im Leistungsbetrieb gewesene niedersächsische Atomkraftwerk: Grohnde. Als einer der größten Atommeiler weltweit mit 1.360 MW liefert es seit 1985 Atomenergie für PreussenElektra. Auch die Stadtwerke Bielefeld waren an dem AKW beteiligt, das über Jahrzehnte hinweg Schauplatz großer Anti-Atom-Proteste und schwerer Auseinandersetzungen war. Im Dezember 2021 ist das Atomkraftwerk Grohnde aus dem Leistungsbetrieb ausgeschieden. Die Atomkraftwerke Stade (Leistungsbetrieb bis 2003, Rückbau bis 2026) und Unterweser (Esensham, Leistungsbetrieb bis 2011, Rückbau bis 2031) werden derzeit bereits zurückgebaut. Der Stilllegungsbetrieb und Rückbau der alten AKWs in Niedersachsen wird uns noch Jahrzehnte begleiten.

Großer Erfolg für die Umweltbewegung

Mit Demonstrationen und Kundgebungen am AKW Lingen, dem AKW Neckarwestheim und in München haben am 15. April Hunderte Menschen das Aus für die letzten drei am Netz befindlichen AKW als großen Erfolg der Anti-Atom-Bewegung gewürdigt.

Atomausstieg muss konsequent sein

Das Ziel eines atomanlagenfreien Deutschlands ist jedoch auch nach dem 15. April noch lange nicht erreicht: In Lingen wie in Gronau sind weiterhin Atomfabriken zur Urananreicherung und zur Fertigung von Brennelementen in Betrieb, deren Produktionskapazitäten zur Versorgung der internationalen zivilen und militärischen Atomwirtschaft sogar noch ausgebaut werden sollen. Die Anträge für eine Produktionsausweitung sind bereits gestellt. Bislang versorgt die Fertigungsanlage für Brennelemente überwiegend westeuropäische AKWs. Doch im Rahmen der Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom sollen bald auch osteuropäische Anlagen mit Brennelementen für AKWs russischen Typs von Lingen aus beliefert werden. Das Uran für die Brennelemente stammt ebenfalls aus Russland. Die EU importiert Uran vor allem aus Niger, Kasachstan, Russland, Australien und Kanada. Russland ist der drittgrößte Lieferant von Uran in die EU. Die EU verstetigt so ihre energiepolitische Abhängigkeit von Russland. Lingen bleibt das Drehkreuz der europäischen Atomindustrie.

Mit dem Abschalten ist es nicht getan!

Zwei Wege stehen zur Auswahl, um ein Atomkraftwerk zurückzubauen: Der "direkte Rückbau" oder der "Rückbau nach sicherem Einschluss". Beim "sicheren Einschluss" wird das AKW – zum Beispiel mit Hilfe einer Betonhülle – von der Biosphäre abgetrennt. Beim "direkten Rückbau" wird das Atomkraftwerk nach Ende des Regelbetriebs auseinandergebaut, die verstrahlten Bauteile müssen vor Ort aufwendig zerlegt werden, soweit möglich gereinigt. Der "Rückbau nach Einschluss" ist eine Kombination beider Methoden: Das AKW wird für einen bestimmten Zeitraum eingeschlossen und erst einige Jahrzehnte später zurückgebaut.

Um zu verstehen, warum der Rückbau so lange dauert, muss man sich die Größenordnung des Vorhabens bewusst machen: Bevor mit dem Rückbau eines AKW begonnen werden kann, müssen die Brennelemente zuerst abgekühlt werden: Bis zu fünf Jahre liegen sie im Abklingbecken, bis sie in Castoren eingeschlossen zwischengelagert werden können. Weitere 40 Jahre muss der Müll warten, damit er endgelagert werden kann – sollte es dann ein Endlager geben.

Ein ebenso großes Problem stellt die Bausubstanz an sich dar: Durchschnittlich mehr als eine Million Tonnen Abfall müssen pro AKW entsorgt werden, in etwa ein Drittel davon ist radioaktiv verseucht. Der größte Teil dieser Abfälle kann gesäubert werden, rund drei Prozent bleiben stark radioaktiv. Dieser Müll wird gemeinsam mit den Brennelementen aus den Reaktoren dauerhaft eingelagert.

Damit ein Bauteil wieder in den Wertstoffkreislauf zurückkommen kann, muss es ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen: Nach der Demontage, Zerlegung und Zerkleinerung werden die Bauteile mit Wasser, Sandstrahlern und Stahlkugelstrahlern gereinigt. Im Anschluss werden wiederholt Untersuchungen durchgeführt, ist ein Bauteil bei einer der Prüfungen belastet, kommt es zurück in die Dekontamination und muss den Kreislauf erneut durchlaufen.

Kritiker hinterfragen die bei dieser Methode angesetzten Grenzwerte: Wann ist ein Bauteil wirklich ungefährlich? Hier müssen sich die Bürger auf den Staat verlassen, wie so oft beim Thema Atomkraft, ohne absolute Sicherheit.

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