
Seit Jahren wogt der Konflikt um Windenergie und Naturschutz. Der BUND sieht die Windkraft neben der Stromerzeugung aus Solarenergie derzeit als wichtigsten Baustein einer zukunftsfähigen Energieversorgung an. Denn Strom aus Windenergie hat die geringsten Erzeugungskosten und die kürzeste energetische Amortisation. Windenergie ist dezentral erzeugte Energie. Ihr Ausbau ist damit essentiell für den sofortigen Atomausstieg wie auch für den Klimaschutz und die Aufgabe der Kohlestromerzeugung. Aber klar ist auch: Beim Ausbau der Windenergie sind die Kriterien der Nachhaltigkeit, des Naturschutzes und des Immissionsschutzes zu berücksichtigen.
Sichere Planung ermöglichen
Dass der Ausbau der Windenergie hierzulande so stark eingebrochen ist, wurde durch Fehler in der Bundesenergiepolitik verursacht. Doch auch in Niedersachsen sind Versäumnisse festzustellen: Defizite in der Raumplanung auf Landes- wie auf regionaler Ebene und Hemmnisse in den Genehmigungsverfahren haben dazu geführt, dass viele Anlagen nicht ans Netz gegangen sind. In Niedersachsen fehlt die konsequente Ausweisung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für die Windkraft. Ohne die nötige Planungs- und Rechtssicherheit für Anlagenplaner*innen und Bürger*innen wird Niedersachsen seine Ausbauziele nicht erreichen.
Um den Ausbau der Windenergie voranzutreiben, müssen Verfahren zügig durchgeführt werden. Dazu bedarf es einer aktuellen Datenbasis. Hier besteht dringender Handlungsbedarf in Niedersachsen, denn die Landesbasisdaten der Arten und Lebensräume sind veraltet und unvollständig. Bundesweite Standards für Erfassungs- und Bewertungsmethoden können ebenfalls zur Verfahrensbeschleunigung beitragen.
Viele Potenziale für Windenergie-Standorte im Offenland wurden bislang nicht ausgeschöpft. Diese müssen nun zügig erschlossen werden. Beispielsweise sind bisher geltende Abstände zu Drehfunkfeuern dringend zu überprüfen und zu korrigieren. Für den Klimaschutz wäre es verheerend, 1.000-Meter-Abstände zur Wohnbebauung auch in Niedersachsen einzuführen. Damit würde der notwendige Ausbau der Windkraft vollständig ausgebremst, viele bestehende Anlagen würden dann in Frage gestellt. Auch ein Repowering, also der Austausch bestehender Anlagen durch neue, leistungsstärkere Anlagentypen, an ertragreichen Standorten bietet die Möglichkeit neuer Energiekapazitäten. Dabei müssen frühere Planungsfehler behoben werden.
Akzeptanz schaffen
Windenergie hat in Niedersachsen einen schweren Stand. Kaum ein Thema ist so umstritten. Die Akzeptanz der Windenergieanlagen kann durch transparente Planungsverfahren und Beteiligung an den Planungsprozessen gesteigert werden. Auch müssen Bürger*innen mehr Beteiligungsmöglichkeiten an Investitionen und Erträgen erhalten. Vor allem aber muss die Notwendigkeit der Energiewende in der Öffentlichkeit noch deutlicher vermittelt werden.
Bei aller Kritik muss klar sein: Ohne einen Ausbau der Windenergie ist eine Energiewende nicht möglich. Die Alternative zu dieser regenerativen Energieform sind die Braunkohletagebauten in Helmstedt, Brandenburg, Sachsen oder Nordrhein-Westfalen. Mit der weiteren Ausbeutung fossiler Energieträger wird Deutschland seine Klimaschutzziele aber massiv verfehlen. Auch wurden und werden für diese Art der Stromerzeugung immer noch ganze Dörfer und Landschaften weggebaggert und zerstört. Für den BUND gibt es daher keine Alternative zu einer naturverträglichen Energiewende.
Arten- und Klimaschutz nicht gegeneinander ausspielen
Die Dringlichkeit der Klimakrise darf nicht dazu führen, dass der Natur- und Artenschutz beim Windenergieausbau auf der Strecke bleibt. Das Artensterben ist nach wie vor alarmierend hoch und ungebremst. Vor allem bei Fledermäusen und bestimmten Vogelarten sind die Risiken von Kollisionen mit den Rotorblättern der Windenergieanlagen hoch. Deshalb sind bei der Planung und dem Betrieb von Anlagen die Belange des Artenschutzes besonders zu berücksichtigen. Durch „Tabuflächen“ müssen wertvolle Schutzgebiete wie Natura 2000- und Naturschutzgebiete von der Windenergieerzeugung ausgeschlossen sein.
Auch Windenergieanlagen in Waldgebieten lehnt der BUND in Niedersachsen ab. Wälder erfüllen vielfältige Funktionen als Lebensraum, CO2-Speicher und Orte der Erholung. Durch Windenergieanlagen werden Waldböden versiegelt, Konflikte mit dem Artenschutz sind vorprogrammiert. Zudem ist der Waldanteil hierzulande gering: Niedersachsen gehört mit einen Waldanteil von nur 25 % zu den waldarmen Bundesländern, im Gegensatz zu Hessen oder Rheinland-Pfalz mit über 40 %. Von Sturm oder Borkenkäfer betroffene Waldflächen in Niedersachsen müssen deshalb zu naturnahen und stabilen Wäldern entwickelt werden anstatt zu Windparks. Nur wenn Klima- und Naturschutz Hand in Hand gehen, können wir unsere Lebensgrundlagen langfristig erhalten.
Artenschutz sicherstellen
Der BUND fordert beim Ausbau der Windenergie in Niedersachsen eine konsequente Berücksichtigung des Artenschutzes.
- Die notwendigen Mindestabstände zu Horst- und Nistplätzen sensibler Arten müssen eingehalten werden.
- Die aus Naturschutzsicht wertvollsten Schutzgebiete müssen zu Tabuzonen erklärt werden. Dazu zählen auch Natura 2000-Gebiete.
- Voraussetzung für eine fundierte Prüfung von Artenschutzbelangen ist der Aufbau und die Pflege eines Datenerfassungssystems für Arten und Lebensräume, auf dessen Ergebnisse alle relevanten Akteure zugreifen können.
- Es bedarf bundesweiter Standards für Erfassungs- und Bewertungsmethoden für die gutachterliche Arbeit und einer Zertifizierung von Gutachter*innen, um eine qualifizierte Planung zu gewährleisten.
- Notwendig ist eine regelmäßige Evaluierung des Artenschutzleitfadens. Daten zu windenergiesensiblen Arten sind nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu aktualisieren.
- Durch jährliche Erhebungen ist die Dynamik im Auftreten kollisionsgefährdeter Arten zu berücksichtigen. So können die Risiken bewertet und z.B. durch Abschaltzeiten reduziert werden.
Mehr zur Windenergie in Niedersachsen können Sie in unserer BUND-Position nachlesen.