BUND Landesverband Niedersachsen

Lebensraum Streuobstwiese - wer lebt hier?

Streuobstwiesen sind „Hotspots“ der Biodiversität. Über 5.000 Tier- und Pflanzenarten leben hier. Je nach Bodentyp kommen unterschiedliche Pflanzengesellschaften vor. Typisch ist zum Beispiel die Glatthaferwiese, auf der neben dem namensgebenden Glatthafer Wiesen-Labkraut, Wiesen-Storchschnabel oder Wiesen-Glockenblume gedeihen. Diese Vielfalt lockt wiederum verschiedene Tierarten an: Insekten, Amphibien, Reptilien und Säugetiere. Lernen Sie einige von Ihnen kennen.

Streuobstwiesen bieten durch ihre Strukturvielfalt ein Zuhause für viele Tier- und Pflanzenarten. Bereits die großen Baumkronen sind ein Lebensraum für sich. Höhlen in alten Bäumen finden Vögel wie der Steinkauz und baumbewohnende Fledermäuse geeignete Nistmöglichkeiten. Das Totholz an älteren Bäumen ist wichtig für Insekten. Im Gegenzug bestäuben sie die Obstbäume, wenn sie Nektar und Pollen sammeln. Vögeln dienen die Insekten als Nahrung. Außerdem sind Obstbäume wichtige Futterpflanzen für Schmetterlingsraupen. Einige Spechtarten wie Grünspecht und Wendehals, aber auch der Wiedehopf, suchen ihre Nahrung bevorzugt am Boden unter den Bäumen. Sie sammeln mit Vorliebe Ameisen und andere Insekten auf. Zum Brüten nutzen sie Baumhöhlen.

Säugetiere wie Igel und Siebenschläfer fressen das Obst, das unter den Bäumen liegt. Die Wiesen sind außerdem Standorte für zahlreiche seltene oder gefährdete Pflanzen. Unter anderem wachsen dort verschiedene Orchideenarten.

Ein typischer Bewohner: Der Steinkauz

Als Leitart werden Pflanzen und Tiere bezeichnet, die besonders typisch für bestimmte Lebensräume sind. Der Steinkauz ist ein charakteristischer Höhlenbrüter auf der Streuobstwiese. Er zählt mit seinem 25 cm großen Körper zu den kleinen Eulenvögeln und wiegt mit ca. 180 Gramm weniger als zwei Tafeln Schokolade! Seit über 10 Jahren steht er auf der "Roten Liste" und ist vom Aussterben bedroht. In alten, knorrigen Obstbäumen brütet er bevorzugt und findet somit auf der Streuobstwiese ideale Nistmöglichkeiten. Auch alte Baumruinen sind hilfreich für ihn - er nutzt sie als Rufwarten und Aussichtspunkte, um seine Beute zu orten.

Da der Steinkauz durch seine speziellen Ansprüche besonders empfindlich auf Landschaftsveränderungen reagiert, ist es lebensnotwendig, seinen Lebensraum zu erhalten und zu sichern. In den 80er Jahren sind Streuobstwiesen regelrecht gerodet worden; somit sind auch Brutstätten und Nahrungsquellen für den Steinkauz verschwunden. Wichtig sind also der Erhalt der verbliebenen Wiesen und ihre Pflege. Um zusätzlichen Lebensraum zu schaffen, setzt sich der BUND auch für die Neupflanzung von Streuobstwiesen ein. Als "Übergangswohnungen" auf diesen Wiesen können sogenannte Steinkauzröhren angeboten werden, denn alte Baumhöhlen zum Nisten brauchen Jahre zum Entstehen.

Fleißige Helfer: Die Wildbienen

Streuobstwiesen sind für Honigbienen und viele Wildbienenarten eine ideale Heimat. Doch oft ist z.B. durch eine ungeeignete Pflege der natürliche Lebensraum nicht mehr intakt. In einer Zeit, in der die Intensivierung der Landwirtschaft mit Monokulturen wie Mais, der Einsatz von Pestiziden und das Verschwinden vielfältiger Strukturelemente und Landschaftsbestandteile den Bienen das Leben schwer machen, brauchen sie umso dringender geschützte Rückzugsräume.

Was können Sie tun, um Ihre Wiese zu einem Zuhause für (Wild-)Bienen zu machen?
Die meisten Wildbienenarten benötigen einen sonnigen und trockenen Lebensraum. Daher sollte man bei der Neuanlage einer Wiese darauf achten, einen Pflanzabstand von 20 x 20 m einzuhalten, um einen Kronenschluss und dadurch zu viel Schatten zu vermeiden. Besteht die Wiese bereits und ist zu viel Schatten vorhanden, kann man durch gezielten Rückschnitt der Baumkronen oder ein Ausdünnen des Baumbestandes für mehr sonnige Bereiche sorgen. Mehr Licht am Boden wird sich auch auf den Artenreichtum der Wiesenpflanzen auswirken.

Wichtig ist es auch, bei der Pflege der Wiese auf chemische Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) zu verzichten. Sie sind Gift für Bienen! Außerdem sollte die Wiese nicht zu häufig gemäht werden und wenn möglich nur parzellenartig, damit
jederzeit Nahrung für die Bienen vorhanden ist. Eine potentielle Beweidung sollte aus diesem Grund ebenfalls nur parzellenartig erfolgen.
Im Frühjahr zur Obstbaumblüte sind Streuobstwiesen ein wahres Paradies für Honig- und Wildbienen. Doch um überleben zu können, brauchen sie während der gesamten Flugsaison von März bis Oktober ausreichend Nahrung. Deswegen sollte man in dieser Zeit dafür sorgen, dass möglichst viele typische Wiesenpflanzen blühen – welche das sind, ist natürlich immer vom Standort und der Nutzungshistorie abhängig.

Auf keinen Fall sollte man sofort die gesamte Fläche mit einer Blüh- oder Rasenmischung einsäen, sondern sich möglichst für diesen Schritt fachkundige Beratung bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB), einem Landschaftspflegeverband (LPV), einem Wildbienenexperten oder Imker suchen.

An einzelnen Stellen kann man erst einmal die Grasnarbe öffnen und mit etwas Geduld schauen, was natürlicherweise aus der Samenbank sprießt. Danach kann man gezielt mit Pflanzenlisten von der UNB, ansässigen Naturschutzvereinen etc. die vorhandenen Blühaspekte bienenfreundlich ergänzen. Die Orientierung an Pflanzen, die schon in der Umgebung wachsen, ist dabei immer gut. Man sollte auf jeden Fall regionales Saatgut verwenden. Achtung: Nur ungefüllte Blüten liefern den für Bienen lebenswichtigen Pollen!
Blühende Hecken mit z. B. Weißdorn, Hartriegel, Holunder, Schlehe, Faulbaum und Weiden können wahre Bienenmagneten sein und ergänzen das Blühangebot der Obstbäume, ebenso wie Beerensträucher, beispielsweise Johannis- und Stachelbeere, Himbeere und Brombeere. Verschiedene Waldbaumarten wie Linden, Ahorne oder in Wärmegebieten auch Esskastanien können das Blütenspektrum zusätzlich erweitern und insbesondere den Honigbienen und Hummeln Pollen und Nektar spenden.

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