BUND Landesverband Niedersachsen
Wildbiene. Foto: Luisa Stemmler

Lebensräume

Was Wildbienen zum Leben brauchen

Offenlebensräume. Foto: Jakob Grabow-Klucken Offenlebensräume. Foto: Jakob Grabow-Klucken

Für einen guten Wildbienen-Lebensraum bedarf es dreierlei:

  • Einen Nistplatz: Der Lebensraum bietet den Insekten einen Ort, an dem sie ihr Nest bauen können.
  • Nistrequisiten: Der Lebensraum hält geeignete Materialien für den Bau des Nestes bereit.
  • Nahrung: Der Lebensraum sorgt mit dem passenden Blütenangebot von Pflanzen für die Ernährung der Wildbienen und die Nahrung der Nachkommen.

Der Gesamtlebensraum der Wildbienen setzt sich aus einem Mosaik kleinerer Lebensräume, so genannter Habitate, zusammen. Viele Arten finden in einem Habitat Nahrung und Baumaterial, nisten aber in einem völlig anderen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass diese Teil-Lebensräume miteinander verbunden und nicht zu weit voneinander entfernt sind.

Die Intensivierung der Landwirtschaft und die zunehmende Monotonie in der heutigen Kulturlandschaft machen es besonders hoch spezialisierten Wildbienenarten immer schwerer, geeignete Lebensräume zu finden. Mit dem Rückgang von speziellen Ökosystemen wie z.B. Magerrasen oder Streuobstwiesen vermindert sich auch gleichzeitig die Verbreitung von Wildbienenarten, die eng an eben diese Lebensräume angepasst sind. Viele dieser Lebensräume und auch die damit verknüpften Wildbienenarten sind daher heute mehr oder weniger stark gefährdet.

Wildbienen legen im Gegensatz zur Honigbiene meist nur geringe Flugdistanzen von wenigen hundert Metern zurück. Sie sind damit in besonderem Maße Leidtragende der Zerschneidung und Isolation von Habitaten. Die Biotopvernetzung ist also ein wichtiges Ziel des Wildbienenschutzes. 

Wo Wildbienen sich wohl fühlen

Die meisten Wildbienen sind wärmebedürftige Tiere. Die artenreichsten Vorkommen finden sich daher vor allem in sonnenexponierten und trocken-warmen Lebensräumen, die in einem naturnahen Zustand sind.

Lebensräume in der Natur- und Kulturlandschaft

  • Nährstoffarme Biotope wie Sandmagerrasen, Heiden, Binnendünen
  • Kalkmagerrasen mit Offenbodenbereichen
  • Natürliche Felsfluren und Steilwände, Abbruchkanten
  • Artenreiche Weg- und Feldraine
  • Naturnahe, blütenreiche Gewässerrandstreifen
  • Streuobstwiesen mit Totholz, Hecken
  • Waldlichtungen, lichte Wälder mit Totholz und Waldränder
Blütenreiche Extensivweiden. Foto: Carsten Eichberg Blütenreiche Extensivweiden. Foto: Carsten Eichberg

Wildbienen stellen häufig hohe Ansprüche an ihre Umwelt: Viele Arten sind aufgrund bestimmter ökologischer Bedürfnisse wie spezifischen Nahrungspflanzen oder Nistplätzen eng an ihre Umwelt angepasst und kommen daher nur in entsprechenden Lebensräumen vor. Häufig sind diese meist trockenen, halbtrockenen und mageren Lebensräume Relikte früherer Bewirtschaftungsformen (z.B. extensive Beweidung), die ein ganz eigenes Artenspektrum an Nahrungspflanzen für Wildbienen bereitstellen. Andere Lebensräume sind natürlich entstanden, z.B. aufgrund limitierender Faktoren wie Nährstoffarmut, oder durch Erosion, beispielsweise an Steilwänden oder Flussufern.

Wildbienen benötigen strukturreiche Landschaften mit einem breiten Spektrum von kleinflächigen und mosaikartigen Elementen, die oft nur durch das direkte Nebeneinander geeignete Lebensbedingungen bieten. Fällt ein Element des Mosaiks (z.B. durch Flächennutzungsänderung oder Zerschneidung) weg, kann das im ungünstigsten Fall den Untergang einer Wildbienenpopulation im entsprechenden Areal bedeuten. Der räumliche Verbund von Teillebensräumen und Landschaften ist also entscheidend für das Vorkommen und Überleben vieler Wildbienenarten.

Schutz und Erhalt der gefährdeten Lebensraumtypen ist daher gleichbedeutend mit dem Schutz und Erhalt eines Großteils der heimischen Wildbienenarten und vieler anderer Tier- und Pflanzenarten. Zusätzlich werten die meisten der gefährdeten Biotoptypen das Landschaftsbild deutlich auf und können ganze Regionen prägen - als Beispiel sei hier die Lüneburger Heide genannt. 

Erhaltenswerten Biotope sind z.B.:

  • Nährstoffarme Biotope wie Sandmagerrasen, Heiden, Binnendünen
  • Kalkmagerrasen mit Offenbodenbereichen
  • Natürliche Felsfluren und Steilwände, Abbruchkanten
  • Folgelandschaften, Steinbrüche und Kiesgruben
  • Artenreiche Weg- und Feldraine, artenreiche Ackerrandstreifen, Hecken
  • Streuobstwiesen mit altem Baumbestand und Totholz
  • Waldlichtungen, lichte Wälder mit Totholz und Waldränder
Uferabbrüche an Bächen. Foto: Thomas Fechtler Uferabbrüche an Bächen. Foto: Thomas Fechtler

Besonders der Schutz und Erhalt von Streuobstwiesen wird unter dem Titel "Streuobstwiesen blühen auf!" seit einigen Jahren auch durch den BUND Niedersachsen verstärkt angegangen. Denn nicht nur Wildbienen profitieren direkt vom Erhalt dieser Landschaftselemente, auch viele andere Tier- und Pflanzenarten sind stark abhängig von solchen Lebensräumen. 

Lebensräume im Siedlungsraum

  • städtische und dörfliche Brachen, sogenannte Ruderalfluren
  • Alte Siedlungsstrukturen wie Mauern und Lehmwände
  • Sandgruben, Steinbrüche   
Baumhummel (Bombus hypnorum) ♀. Foto Luisa Stemmler Baumhummel (Bombus hypnorum) ♀. Foto Luisa Stemmler

Einige Wildbienenarten finden selbst in Großstädten geeignete Lebensbedingungen. Parks, Wiesen, Hinterhöfe, Vorgärten, Bahntrassen, Straßenbegleitgrün und Brachen halten oft ein breites Angebot an Nahrungspflanzen für die Bienen bereit und bieten gleichzeitig Nistmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass das Thema Naturschutz im urbanen Raum seit Jahren an Aktualität und Relevanz gewinnt und sich immer mehr Menschen für ein ökologisch bewusstes Leben und eine dementsprechende Gestaltung der eigenen Umwelt entscheiden. Von dieser wachsenden Sensibilität und Bereitschaft für den Schutz der heimischen Flora und Fauna kann auch die Wildbiene profitieren.

Wildbienen fördern - auch vor der eigenen Haustür!

In der Stadt lassen sich Wildbienen mit Hilfe einiger weniger Maßnahmen erfolgreich fördern. Durch die Bereitstellung von verschiedenen Nisthilfen kann das Nistplatzangebot verbessert werden. Noch wichtiger ist allerdings, dass den Wildbienen ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung steht. Dieses lässt sich sehr leicht selbst auf kleinen Flächen wie dem eigenen Balkon realisieren: Spezielle Nahrungspflanzen für Wildbienen erweitern das Nahrungsangebot und können ggf. auch auf hochspezialisierte Wildbienenarten abgestimmt werden. Ein Zurücknehmen der Pflegeintensität im eigenen Garten – sei es der Vorgarten, Hinterhof oder Schrebergarten -  ist dringend anzuraten, sollte ein ernstes Interesse am Schutz der Wildbienen bestehen. Viele als „Unkraut“ deklarierte Wildkräuter bieten Wildbienen eine Nahrungsgrundlage und kommen auf intensiv gepflegten Flächen kaum bzw. überhaupt nicht vor.

Wildbienenlebensräume in der Stadt sind z.B.:

  • Balkone, Terrassen, Flachdächer, Beete, Vorgärten, Firmengärten, Hinterhöfe, Dachbegrünungen – jeweils mit entsprechend für Wildbienen geeignete Pflanzenarten
  • Brachen in frühen Sukkzessionsstadien oder mit regelmäßigen Störungen
  • Parks, Stadtwaldränder, naturnahe Uferzonen, Wiesen (keine „Liegewiesen“)
  • Bahntrassen, Straßenbegleitgrün an wenig befahrenen Straßen 

Zwar finden hochspezialisierte bzw. gefährdete Wildbienenarten im Siedlungsbereich meist keinen geeigneten Lebensraum, da die jeweils benötigten Biotope nur außerhalb von Städten vorkommen. Trotzdem leben auch in Klein- und Großstädten zahlreiche überwiegend schwach- bis ungefährdete Wildbienenarten.  

Urbane Wildbienen-Lebensräume – Vorzüge und Gefahrenpotential

Blühender Vorgarten. Foto: Luisa Stemmler Blühender Vorgarten. Foto: Luisa Stemmler

Die Städte bieten den Bienen auf engem Raum ein breites Spektrum an verschiedenen Teillebensräumen und viele unterschiedliche Ausprägungen des Mikroklimas. Außerdem herrschen hier aufgrund des Strukturreichtums und der tendenziell hohen Artenvielfalt der Stadtflora gute Bedingungen für weniger spezialisierte Wildbienenarten. Zusätzlich kommt es den wärmeliebenden Wildbienen entgegen, dass die Durchschnittstemperatur in Städten meist deutlich höher ist, als außerhalb in der Kultur- bzw. Naturlandschaft.

Dem gegenüber stehen Nachteile wie zeitweiliger Wassermangel, erhöhtes Mortalitätsrisiko durch Straßenverkehr, Verirrung in geschlossene Räume und eine erhöhte Schadstoffbelastung der Luft durch Verbrennungsmotoren. Ebenso wirken sich Aspekte wie Störung der Brut und Vernichtung der Nistplätze durch Bau- bzw. Aufräumarbeiten negativ auf Wildbienenpopulationen im Siedlungsbereich aus. 

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