BUND Landesverband Niedersachsen
Wildbiene. Foto: Luisa Stemmler

Wenn es im Frühjahr immer seltener summt

Wiese ohne Blumen. Foto: Volker Fockenberg Wiese ohne Blumen. Foto: Volker Fockenberg

In Niedersachsen werden große Teile der landwirtschaftlichen Flächen intensiv bewirtschaftet. Auch der Flächenverbrauch und die -versiegelung gehen ungehindert weiter. Hinzu kommen die Auswirkungen der Zerschneidung und der häufig resultierenden Isolierung der Habitate. Insgesamt sind durch vielfältige Ursachen strukturreiche Landschaften mit artenreichen Lebensräumen immer seltener geworden.

Wie im Falle vieler anderer Tier- und Pflanzenfamilien geht daher die Artenvielfalt innerhalb der Gruppe der Wildbienen seit Jahrzehnten deutlich zurück. In Niedersachsen gelten gemäß der Roten Liste knapp zwei Drittel der Wildbienenarten als gefährdet. Ein Teil von ihnen ist bereits ausgestorben.

Die Gefährdung vieler Bienenarten zeigt an, wie es um die Lebensräume bestellt ist, in denen sie beheimatet sind. Viele Wildbienen sind an das Vorkommen ganz bestimmter Pflanzenarten gebunden. Dabei kommt es zu einer fatalen Wechselwirkung: Ein geringeres Wildbienenvorkommen beschleunigt den Rückgang der Pflanzenarten – und umgekehrt.

Die natürlichen Lebensräume der Wildbienen, die auch Heimat vieler anderer Tier- und Pflanzenarten sind, benötigen also dringend unsere Aufmerksamkeit und geeignete Schutz- und Pflegemaßnahmen. 

Wildbienenschutz – im Kleinen und im Großen

Männliche Rote Mauerbiene. Foto: Reinhard Lehne Männliche Rote Mauerbiene. Foto: Reinhard Lehne

Wildbienen lassen sich auch im Alltag beobachten – auf dem Balkon, im Garten, in der Mauerfuge, am Weg- oder Feldrand. Und wir alle können etwas dafür tun, sie zu schützen. Wildbienen lassen sich nämlich auch privat im eigenen Garten gezielt fördern – insbesondere durch Umstellung des Gartenkonzepts hin zu einer naturnahen Gestaltung und durch Aufstellen geeigneter Nisthilfen. Viele Blütengehölze wie Weide, Ahorn und Kirsche und zahlreiche einheimische Wildstauden und -kräuter sind gute Nahrungsquellen.

Nisthilfen dagegen - sei es in Form von Totholz, hohlen oder gefüllten Pflanzenstängeln, offenen Bodenstellen oder Sand- bzw. Lehmhaufen - helfen den Wildbienen dabei, geeignete Strukturen und Materialien für den Nestbau zu finden.

Wir alle können etwas tun! Unterstützen Sie die Wildbienen und machen Sie mit:

  • Gestalten Sie den eigenen Garten oder Balkon "wildbienenfreundlich"
  • Bauen Sie geeignete Nisthilfen

Weitere Tipps und Anregungen zu einer naturnahen Gartengestaltung und zum Thema Nisthilfen finden Sie auch in unserer Broschüre "Wildbienen ein Zuhause geben".

Nisthilfen und naturnahe Gärten können jedoch nicht die Entwicklungen in der Agrarlandschaft und den Verlust naturnaher Flächen ausgleichen. Um die besonders gefährdeten Wildbienenarten zu erhalten, müssen ihre natürlichen Lebensräume geschützt, wiederhergestellt und gepflegt werden. 

Nisthilfen bauen

Große Nistwand im blütenreichen Garten. Foto: Klaus Kuttig Große Nistwand im blütenreichen Garten. Foto: Klaus Kuttig

Bei Nisthilfen handelt es sich um künstliche Elemente, die sich an den natürlichen Nistplatzangeboten orientieren und diese imitieren. Die natürlichen Lebensräume und Bedürfnisse von Wildbienen in ihrer Gänze können sie jedoch nicht vollständig ersetzen.

Durch Bereitstellen von Nisthilfen können wir jedoch lernen, wie Wildbienen leben, wir können sie beobachten und ein besseres Verständnis für natürliche Zusammenhänge entwickeln. Insbesondere auch für Kinder ist es sehr spannend, die Wildbienen an den Nisthilfen aus nächster Nähe beim Eintragen von Nahrung oder dem Verschließen des Nestes zu beobachten.

Nisthilfen selber zu bauen ist viel einfacher, als es auf den ersten Blick scheint: Schon mit einigen leeren Konservendosen, gefüllt mit hohlen Pflanzenstängeln (z.B. Bambus, Japanknöterich, Schilfhalme oder Getreidehalme) können wir hohlraumbewohnenden Wildbienenarten eine Nistmöglichkeit geben und sie so in unserer Umgebung ansiedeln.

Wer es etwas größer mag, baut gleich eine „Nistwand“ – ein Verbund aus mehreren unterschiedlichen Nisthilfen, die im Optimalfall vielen verschiedenen Wildbienenarten ein Zuhause bieten. Sie werden überrascht sein, wie viel „Betrieb“ im Sommer vor so einer Nistwand herrscht (Vorraussetzung für gut funktionierende Nisthilfen ist eine wildbienenfreundliche Umgebung, also Nahrungspflanzen in ausreichender Zahl).

Nachfolgend stellen wir Ihnen vier Varianten mitsamt Bauanleitung vor, die sich gut für den Nachbau eignen und sich in der Praxis als funktional erwiesen haben. Diese Bauanleitungen sind Teil der Broschüre „Wildbienen ein Zuhause geben“

Wie gestalte ich meinen Garten bienenfreundlich?

Bienengarten. Foto: Klaus Kuttig Bienengarten. Foto: Klaus Kuttig

Zwei Grundprinzipien sollten erfüllt sein, wenn es darum geht, Wildbienen und andere Insekten zu fördern: Das Blütenangebot besteht optimaler Weise über die gesamte Vegetationsperiode, also vom Frühjahr bis in den Herbst. Wenn Sie also darauf achten, sowohl früh-, mittel-, als auch spätblühende heimische Arten anzupflanzen, finden viele verschiedene Insektenarten stets ausreichend Nahrung in Ihrem Garten.

Damit Wildbienen und andere Insekten das Angebot der Blüten auch verwerten können, sollten Sie darauf achten, dass die Blüten der Pflanzen nicht gefüllt sind. Gefüllte Blüten, wie zum Beispiel die der Garten-Chrysanthemen oder Knollenbegonien, bieten leider nur sehr wenig oder gar keine Pollen und Nektar an und können daher nicht zur Insektenernährung beitragen. Gefüllte Blüten erkennen Sie insbesondere daran, dass diese keine Staubblätter besitzen. 

Was sollte ich über meinen Garten wissen?

Für alle Planungen und Gestaltungsideen ist es hilfreich zu wissen, mit welchen Standortverhältnissen Sie es in Ihrem Garten zu tun haben. Ist der Boden eher stickstoffreich oder mager, ist er kalkreich oder sauer, wie mächtig ist die Humusauflage, sind dem Boden Sandkörner beigemengt? Nicht immer ist es möglich, eine Bodenprobe untersuchen zu lassen, aber häufig können Sie schon vieles anhand der Pflanzen, die in Ihrem Garten wachsen, erkennen. Löwenzahn, Klee oder Brennnesseln sind zum Beispiel sogenannte Stickstoffzeiger. In Gärten mit mageren (nährstoffärmeren) Bedingungen kommen häufig ganz andere Pflanzen zum Blühen, wie zum Beispiel Habichts- oder Ferkelkraut.

Neben den Bodenbedingungen müssen auch die Lichtverhältnisse berücksichtigt werden: Gibt es Orte, die ganztägig sonnenbeschienen sind? Welche Bereiche des Gartens sind eher schattig? Wie ist es um den Wasserhaushalt bestellt, hält der Boden die Feuchtigkeit gut oder handelt es sich eher um einen trockenen Standort? Wenn sie sich im Vorfeld ein genaues Bild Ihres Gartens machen und dessen Standortfaktoren berücksichtigen, können Sie Pflanzideen gezielt und mit wenig Aufwand entwickeln und haben einen langfristigen Erfolg. 

Woher bekomme ich geeignete Pflanzen für meinen Garten?

Bienengarten. Foto: Klaus Kuttig Bienengarten. Foto: Klaus Kuttig

Im besten Fall machen Sie sich schlau, welche Gärtnerei in Ihrer Region heimische Wildstauden oder entsprechendes Saatgut anbietet. Wildstauden sind Pflanzen, die aus ihren natürlichen Verwandten gezüchtet wurden. Sie können Gärtnereien auch anfragen, ob sie Ihnen entsprechende Arten bestellen können. Lokale Pflanzenbörsen haben häufig ein umfangreiches Sortiment an selbstgezogenen Wildstauden. Alternativ gibt es im Internet Bezugsquellen für Saatgut und Pflanzen (einige Anbieter haben wir in der Rubrik Mehr erfahren - Links unter „Passendes "Zubehör" für Ihren wildbienenfreundlichen Garten“ aufgeführt). 

Saatgut ist nicht gleich Saatgut

Die Herkunft und Zusammensetzung des Saatgutes ist für Wildbienen entscheidend. Die Mischung hängt zum einen vom jeweiligen Standort ab und sollte zur Bodenbeschaffenheit passen. Wichtig ist es vor allem, Saatgut aus der Region zu verwenden.

In unseren BUND-Projekt zum Wildbienenschutz empfehlen wir Saatgut der Firmen Rieger-Hofmann (http://rieger-hofmann.de/home.html) oder Saaten-Zeller (https://www.saaten-zeller.de/). Beide Anbieter bieten regiozertifizierte Mischungen für unterschiedliche Standorte an. Dies ist gerade bei Saatgut, das in der freien Landschaft – also nicht auf dem Balkon oder im Kleingarten – ausgebracht wird, von großer Bedeutung, da Vögel und Insekten für einen Austrag auf die umliegenden Flächen sorgen. Achten Sie daher bei Ihrem Saatgut-Anbieter auf regionale Mischungen und einen geringen Anteil von Kultursorten im Saatgut.

Wie sollte ich meinen naturnahen Garten pflegen?

Im naturnahen Garten sollten Sie es vermeiden, Stickstoffdünger einzubringen. Insgesamt enthalten die meisten Böden zu viel Stickstoff, der ohnehin kontinuierlich durch die Luft eingetragen wird. Je weniger Stickstoff der Boden enthält, umso reichhaltiger wird die Vegetation sein, die sich nach einiger Zeit einstellt. Verzichten Sie unbedingt auch auf den Einsatz von Insektiziden, Herbiziden und sonstigen Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Ganz ohne Pflege geht es in den meisten Fällen jedoch auch nicht, denn dann würde eine offene Wiese wieder mit konkurrenzstarken Arten, letztlich mit Sträuchern und Bäumen zuwachsen. In der Praxis hat sich eine Kombination aus natürlich geprägten Bereichen und Nutzbereichen bewährt: An die Bedürfnisse des Gartennutzers angepasste Flächen und naturnahe, „wilde“ Ecken müssen kein Widerspruch sein.

Für eine blühende Gartenpracht ist es wichtig, dass nicht zu häufig gemäht wird. Meist reicht es aus, den Garten einmal im Jahr im September zu mähen. Wenn Sie häufiger mähen wollen, sollten Sie mit der ersten Mahd bis Juni warten, sodass zumindest einige Pflanzen die Gelegenheit zum Blühen bekommen. Es hat sich auch bewährt, den Rasen parzellenweise zu mähen. Hierbei werden immer nur Teilflächen gemäht, andere Bereiche dürfen länger wachsen. Später im Jahr können Sie diese dann mähen und die zuvor bereits gemähten Flächen schonen. So schaffen Sie einen Kompromiss aus Pflege und Natürlichkeit. 

In der Stadt: Einen bienenfreundlichen Balkon einrichten!

Balkon mit bienenfreundlichen Pflanzen. Foto: Luisa Stemmler Balkon mit bienenfreundlichen Pflanzen. Foto: Luisa Stemmler

Selbst in der Stadt lassen sich verschiedene Wildbienenarten beobachten und ansiedeln. Nicht nur Schreber- bzw. Hausgärten und Innenhöfe können kleine blühende Oasen sein, auch auf engstem Raum können wir etwas für Wildbienen tun. Reich bepflanzte Balkonkästen, Töpfe und Kübel bieten Kräutern und Stauden Platz und können den Speiseplan von Wildbienen, Schmetterlingen und Co. bereichern.

Kräuter wie Salbei oder Thymian werden besonders gerne angeflogen und ergänzen nicht nur die Küche des Menschen. Sie gedeihen ohne Probleme auch auf sehr kleinen Flächen, wie zum Beispiel in Balkonkästen. Ein weiterer Vorteil der Küchenkräuter ist, dass diese nicht nur pflegeleicht, sondern auch mehrjährig sind und Sie daher lange etwas von den Pflanzen haben.

Bei der Pflanzenwahl sollten Sie nicht nur an den ästhetischen Aspekt denken. Beliebte Pflanzen zur Balkonverzierung (z.B. Geranien und Dahlien) tragen oftmals leider nicht zur Wildbienenernährung bei. Achten Sie darauf, nährstoffarme, torffreie Erde zu verwenden und vermeiden Sie Staunässe. Auf diese Weise haben sowohl Mensch als auch Tier ihre Freude am urbanen Grün. 

Mit welchen Pflanzen Sie welche Wildbienenarten anlocken können, zeigt die folgende Pflanzentabelle.

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