Gewässer werden seit Jahrhunderten von Menschen bewirtschaftet und gestaltet, was vielerorts ein Leben am und mit dem Wasser erst ermöglicht. Zur Bewirtschaftung zählt die Gewässerunterhaltung, die sowohl rechtliche Vorgaben als auch ökologische Anforderungen zu berücksichtigen hat. So soll einerseits die Gewässerunterhaltung für einen ordnungsgemäßen Wasserabfluss sorgen, gleichzeitig sind die ökologischen Qualitätsziele an den Fließgewässern zu verfolgen. Dies führt zu einem Spannungsfeld in der Unterhaltung, da die Maßnahmen für beide Ansprüche häufig schwer miteinander zu vereinen sind.
Die Gewässerunterhaltung obliegt in Niedersachsen weitgehend den Unterhaltungsverbänden und Wasser- und Bodenverbänden, an größeren Gewässern oft dem Land. Nach dem Niedersächsischen Wassergesetz (NWG) werden die oberirdischen Gewässer in Deutschland in 3 Ordnungsstufen eingeteilt, an denen sich auch die Unterhaltungspflicht ausrichtet. Gewässer mit erheblicher Bedeutung für die Wasserwirtschaft, z.B. Binnenwasserstraßen und Flüsse wie die Ems, Leine und Wümme, zählen danach zu Gewässern 1. Ordnung. Die Pflicht zur Unterhaltung haben hier Land oder Bund. Zu den Gewässern 2. Ordnung gehören Gewässer mit überörtlicher Bedeutung für das Gebiet eines Unterhaltungsverbandes. Für ihre Unterhaltung sind die Unterhaltungsverbände zuständig. In einigen Bundesländern wie Niedersachsen gibt es eine zusätzliche Unterteilung in Gewässer 3. Ordnung. Zu den Gewässern 3. Ordnung zählen kleinere Bäche und auch Gräben, die nicht als Gewässer 1. oder 2. Ordnung eingeordnet sind. Sie sind von Eigentümer*innen, Gemeinden oder Verbänden zu unterhalten. [1][2][3]
Anforderungen an die Gewässerunterhaltung
Die Gewässerunterhaltung umfasst den Wiederabfluss, die Reinigung, Räumung sowie Freihaltung des Gewässers. Zu den Maßnahmen für die Gewässerunterhaltung zählt der Schutz des Gewässerbetts einschließlich der Ufer, die Erhaltung und Anpflanzung standortgerechter Ufergehölze sowie die Pflege der Flächen entlang der Ufer, welche dem Unterhaltungspflichtigen des Gewässers gehören. Zudem werden die Anlagen, die zum Wasserabfluss dienen, unterhalten und betrieben.[2] Querbauwerke wie Wehre oder Abstürze dienen dem Wasserabfluss, stellen jedoch aus ökologischer Sicht keine ideale Lösung dar, da sie die biologische Durchgängigkeit im Hauptstrom und zu den Nebenflüssen sowie den Sedimentstrom unterbinden. Ersetzt werden könnten Wehre zum Beispiel durch Sohlgleiten, die eine naturnahe Alternative zu den klassischen Querbauwerken darstellen.[4]
Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Niedersächsisches Wassergesetz (NWG)
Die Vorgaben zur Gewässerunterhaltung orientieren sich an den Zielen zur Aufwertung der Gewässer. Hiernach haben sich alle Gewässerunterhalter zu richten. Auf EU-Ebene wurde mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) 2000 ein einheitlicher Ordnungsrahmen zum Schutz der Gewässer eingeführt. In Deutschland bildet das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) die Grundlage für den Gewässerschutz. Wesentliche Rechtsnormen finden sich hier unter § 27 zu den Bewirtschaftungsziele von oberirdischen Gewässern und unter § 39, in der die Gewässerunterhaltung mit ihren Zielen zu finden ist.[5] Für die Berücksichtigung des besonderen Artenschutzes ist zusätzlich § 44 ff (BNatschG = Bundesnaturschutzgesetz) anzuwenden. An das WHG müssen sich alle Landesämter in der Umsetzung der Wassergesetze richten, worunter z.B. auch das Niedersächsische Wassergesetz (NWG) fällt.
Möglichkeiten der Gewässerunterhaltung und ihre Bedeutung für Gewässerrandstreifen

In der Gewässerunterhaltung sind häufig sich widerstreitende Aspekte zu berücksichtigen: Einerseits sind die im Wasserhaushaltsgesetz und den Verbandssatzungen der Unterhaltungsverbände festgelegten Maßnahmen für die Sicherung des Abflusses Rechnung zu tragen. Andererseits fordert das Wasserhaushaltsgesetz eine naturschonende und angepasste Unterhaltung, mit dem Ziel den ökologischen Zustand eines Gewässers zu erhalten und zu fördern. Der ökologische Zustand kann dabei beispielsweise durch die Umsetzung hydromorphologischer Maßnahmen, worunter die Entwicklung und Wiederherstellung einer naturnahen Gewässerstruktur verstanden wird, verbessert werden. Neben den hydromorphologischen Eigenschaften eines Gewässers ist die Wasserqualität wesentlich für den Gewässerzustand und für die Lebensbedingungen der Gewässerorganismen. Die Wasserqualität lässt sich verbessern, indem Stoffeinträge in das Gewässer reduziert werden, zum Beispiel durch die Anlage von breiten und bewachsenen Uferrandstreifen. Ufer-/ oder auch Gewässerrandstreifen haben eine wichtige ökologische Bedeutung und Funktion. Sie schützen die Gewässer vor Stoffeinträgen wie Pestiziden und bieten Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, wodurch auch die Struktur- und Artenvielfalt erhöht wird.[6]
Ziel der naturnahen Gewässerunterhaltung ist es, die ökologische Vielfalt zu fördern und insgesamt auch die Gewässerqualität zu verbessern. Durch eine naturnahe Gewässerunterhaltung wird zudem auch der Unterhaltungsbedarf reduziert. Denn je naturnäher ein Gewässer ist, desto geschützter ist es vor den Folgen von Störungen wie Hochwasserereignissen und muss nicht mehr in engen Abständen gepflegt werden. Je nach Zustand des Gewässers kann aus finanzieller Sichtweise eine naturnahe Gewässerunterhaltung eine sehr kostengünstige Alternative darstellen, da auch die eigendynamische Entwicklung Bestandteil ist und bauliche Unterhaltungsmaßnahmen unterlassen werden können.[7] Maßnahmen, wie die Beschattung von Ufergehölzen, können eine eigendynamische Entwicklung des Gewässers fördern und bieten neben einem mittelfristig reduzierten Pflegebedarf zudem auch Erosionsschutz und Abnahme der Wasserpflanzenbiomasse.

Mit einer naturnahen Gewässerunterhaltung sind keine großen Baumaßnahmen erforderlich, um den ökologischen Zustand des Gewässers und seiner Gewässerränder zu verbessern. Beispiele dafür können sein:
- Abschnittsweise und einseitige Mahd der Böschungen statt beidseitig
- Fördern von Beschattung und Uferentwicklung durch Gehölzentwicklung und Hochstaudenfluren
- Erweitern des Gewässerrandstreifens zum Schutz vor Stoff- und Sedimenteinträgen in das Gewässer
- Extensive Bewirtschaftung im und am Gewässer
Weitere Maßnahmen im Gewässer:
- Totholz als Strukturelemente im Gewässer lassen und ggf. sichern
- Standorttypisches Substrat zur Verbesserung von Sohlstruktur einbringen
- Entfernen von Sohl- und Uferbefestigungen
- Unnatürliche Tiefenerosion durch z.B. Geschiebezugabe verhindern
- Entwicklung von standorttypischen Wasserpflanzen zulassen
- Krautungsschneise am Stromstrich schonend anlegen
Als Beispiel für eine naturnahe Gewässerunterhaltung kann die Renaturierung an der Lossa betrachtet werden. Die Lossa befindet sich im Landkreis Nordsachsen und ist ein rechter Zufluss der Mulde. Die Renaturierung fand im Rahmen vom „Pilotprojekt Lossa“ statt, bei dem der BUND Sachsen im Projekt „Rettungsnetz Wildkatze – Gemeinsam Grüne Wege gehen“ den Waldverbund mit Gewässerschutz verknüpft und einen Gewässerabschnitt der Lossa aufgewertet hat.[1] Vor der Renaturierung hatte die Lossa kaum vorhandene Gehölzstruktur am Uferrand, die Gewässersohle war stark bis sehr stark verändert, das Ufer war deutlich verändert und der Verlauf begradigt und ausgebaut. Innerhalb des Renaturierungsprojektes sollte wieder ein natürlicher Flusslauf entstehen. Dafür wurde zum einen die Eigendynamik des Flusses durch initiale Erdarbeiten gefördert und Sukzession zugelassen. Mithilfe von gewässertypischen Substraten wie Steine, Kies, Sand, Blöcke und Wurzelbälle als Strukturelemente und Strömungslenker wurde zum anderen eine naturnahe Flusssohle hergestellt. Ergänzend wurde Totholz eingebracht und die Ufer sind mit standorttypischen Büschen bepflanzt worden.
[1] Wasserverband e.V. Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt , zuletzt aufgerufen am 2.12.202
[2] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz , zuletzt aufgerufen am 2.12.2024
[3] Webseite der Kommunalen Umweltaktion Niedersachsen: Fließgewässer | UAN, zuletzt aufgerufen am 9.09.2024
[4] LFU Bayern , zuletzt aufgerufen am 2.12.2024
[5] BMUV , zuletzt aufgerufen am 2.12.2024
[6] LFU Sachsen https://www.wasser.sachsen.de/gewaesserrandstreifen-21116.html, zuletzt aufgerufen am 2.12.2024
[7] UBA https://www.umweltbundesamt.de/naturnahe-gewaesserunterhaltung-als#eigendynamische-entwicklung-den-bach-bach-sein-lassen, zuletzt aufgerufen am 2.12.2024
[8] https://www.uan.de/fileadmin/UAN/Dokumente/Service/Publikation_Downloads/2019-09-10_Sammelmappe_GU.pdf, zuletzt aufgerufen am 28.11.2024
[9] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/unserefluesse_online_04e.pdf, zuletzt aufgerufen am 28.11.2024
[10] BUND Sachsen, zuletzt aufgerufen am 2.12.2024