BUND Landesverband Niedersachsen

Im Land der Pferde

Wie sieht in Niedersachsen eine Mobilität der Zukunft aus, die das Klima schont und dennoch allen Menschen Bewegungsfreiheit garantiert?

Beim Aktionswochenende am 22. und 23. April demonstrieren über 3000 Aktive auf Fahrrad-Sternfahrten für eine nachhaltige Mobilität in Niedersachsen.  (Maike Bannick)

Was Politiker*innen ungern aussprechen, ist, dass sich unsere Mobilität grundlegend ändern muss. Und das bedeutet auch, dass es in Niedersachsen zukünftig deutlich weniger Fahrzeuge geben darf als heute.

Auch wenn künftig deutlich mehr PKWs elektrisch fahren werden, muss sich deren Anzahl deutlich reduzieren – aufgrund des enormen  Strombedarfs, fehlender Stromkapazitäten sowie fehlender kritischer Rohstoffe wie Lithium, Kupfer, Kobalt und seltener Erden. Ein Leben ohne eigenes Auto muss keinen Verlust bedeuten. Damit Bürger*innen ihr Fahrzeug abschaffen, muss es jedoch Alternativen geben: ein enges Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln und sicheren Radverkehrswegen, flächendeckend Carsharing-Modelle. Für deren Ausbau müssen Politik und Wirtschaft heute alle verfügbaren Mittel einsetzen.

Damit das Auto zukünftig nicht nur Menschen vorbehalten bleibt, die es sich leisten können, sondern all jenen, die wirklich darauf angewiesen sind, müssen vor allem kleine, sparsame E-Fahrzeuge auf den Markt kommen. Dass sich deutsche Automobilhersteller derzeit auf die Entwicklung von E-Limousinen fokussieren, widerspricht den Zielen einer sozialverträglichen Mobilitätswende und ist nicht zukunftsorientiert. Als wichtiger Anteilseigner sollte das Land Niedersachsen auf Volkswagen einwirken.

Tempo machen

Die Ausgangslage ist prekär: In Niedersachsen hat sich der Ausstoß klimaschädlicher Emissionen seit 1990 kaum reduziert. Der Verkehr ist dabei  nach der Energieerzeugung der größte Emittent an klimaschädlichem CO2. Die neue Landesregierung hat sich daher hehre Ziele gesetzt. Ihr Koalitionsvertrag liest sich wie ein BUND-Forderungspapier: Niedersachsen als Vorreiter für nachhaltige, faire, kindgerechte und  generationsübergreifende sowie sozial gerechte Mobilität, Verdoppelung der Fahrgastzahlen im ÖPNV und Erhöhung des Radverkehrs auf 25 Prozent bis 2030, ein durchgängiges Radverkehrsnetz im ganzen Land. Wie diese Ziele innerhalb von 7 Jahren erreicht werden sollen, ist unklar. Es mangelt massiv an Personal in den zuständigen Fachbehörden und im Haushalt 2023 sind – mit Ausnahme der Teilfinanzierung des bundesweiten 49-Euro-
Tickets – keine zusätzlichen Mittel für den ÖPNV oder Radverkehr eingestellt. Offen ist auch, wann das vergünstigte 29-Euro-Ticket eingeführt wird.

Dabei ist die Mobilitätswende eine der größten Herausforderungen – vor allem im Auto- und Flächenland Niedersachsen. Die Pendlerverkehre sind exorbitant und haben trotz Home Office weiter zugenommen: In die Landeshauptstadt pendelten in 2021 über 200.000 Menschen regelmäßig zur Arbeit, in ganz Niedersachsen sind es 2,4 Millionen.

Bahn statt Autobahn

Entscheidend für den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel sind eine gute Taktung und die optimale Vernetzung von Bahn, Bus und Bedarfsverkehren. Daher setzt sich der BUND im neu gegründeten niedersächsischen Begleitforum zur Reaktivierung von Bahnstrecken für die Wiederanbindung möglichst vieler Kommunen an das Schienennetz ein. Denn die Bahn ist und bleibt das ökologischste Verkehrsmittel. Erfreulicherweise hat sich das Land in der Diskussion um einen Ausbau des Bestandsnetzes oder einen Neubau von ICE-Strecken für die ressourcenschonende Variante ausgesprochen – sowohl an der Strecke von Hannover nach Bielefeld als auch zwischen Hamburg, Bremen und Hannover. Bei einem Neubau würden zahlreiche kleinere Städte vom Fernverkehr abgeschnitten und Mittel für die notwendige Sanierung des Bestandsnetzes entzogen.

Den Streit in der Ampel-Koalition um eine Beschleunigung im Straßenbau hat der BUND sehr kritisch verfolgt. Zwar stehen die Autobahnvorhaben A 20 und A 39 nicht auf der Liste der Projekte „im überragenden öffentlichen Interesse“, doch die Planungen laufen trotzdem ungehindert weiter. Daher fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für einen Planungsstopp der Neubauprojekte einzusetzen und die Mittel stattdessen zukunftsweisend in eine echte Verkehrswende zu investieren. Rund 7 Milliarden Euro statt der ursprünglich geplanten 3,7 soll allein  der Bau der A 20 kosten. Wir benötigen dieses Geld dringend für Fortschritte beim ÖPNV, beim Ausbau der Radwege und für die Sanierung von Schienen, Brücken und Straßen. Wer sein Land bis 2040 klimaneutral machen möchte, darf keine neuen Autobahnen mehr bauen und muss mehr tun, als Koalitionsverträge mit gut klingenden Visionen zu füllen.

Mitmachen

Autobahnneubauten stoppen!

Helfen Sie mit, Moor und Klima zu schützen und neue Autobahnen in Niedersachsen zu stoppen!

Schreiben Sie eine Protestmail an die niedersächsische Landesregierung und fordern Sie Herrn Ministerpräsident Weil auf, statt klimaschädlicher Neubauprojekte wie die A 20 und die A 39 endlich die Verkehrswende voranzutreiben.

Mehr zum Thema
www.bund-niedersachsen.de/autobahnneubauten-stoppen

 

BUND-Umwelttalk

Mobilität der Zukunft

Die sozialverträgliche Mobilitätswende ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Wie diese in Niedersachsen gelingen kann und wo dringender Handlungsbedarf aus ökologischer, sozialer und auch ökonomischer Sicht besteht, diskutiert der BUND zusammen mit Verkehrsminister Olaf Lies, Gewerkschaften und Wissenschaft. Seien Sie dabei!

19. Juni 2023, 18.30-19.30 Uhr

Die Veranstaltung wird im Live-Stream übertragen.

Mehr Infos
www.bund-niedersachsen.de/umwelttalk

 



Dr. Tonja Manstedt
Landesgeschäftsführerin

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