BUND Landesverband Niedersachsen

Kritischer Agrarbericht 2022 erscheinen

02. Februar 2022 | Massentierhaltung, Landwirtschaft, Klimawandel, Lebensräume, Nachhaltigkeit

Im Januar 2022 ist zum 30. Mal der kritische Agrarbericht erschienen. Er dokumentiert jährlich die Vielfalt der politischen Debatte mit fundierter Kritik am derzeitigen Agrarsystem, aber auch mit Konzepten, Ideen und gelungenen Praxisbeispielen, wie es anders gehen könnte. Ein Schwerpunkt des diesjährigen Berichts ist das Thema "Preis Werte Lebensmittel". Herausgegeben wird das Jahrbuch vom Agrarbündnis, in dem der BUND vertreten ist. Das Agrarbündnis bietet mit dem „Kritischen Agrarbericht" eine Informations- und Diskussionsplattform für die gesellschaftliche Auseinandersetzung um eine nachhaltige Transformation von Landwirtschaft und Ernährung – in Deutschland, in Europa, aber auch weltweit.

Arbeit fair bezahlen, Werte achten und Wertschöpfung honorieren

Vieles von dem, was in den Verbänden des Agrarbündnisses an Positionen und Konzepten zur Neuausrichtung der Agrarpolitik erarbeitet worden ist, findet sich auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wieder. Jetzt ist es notwendig, den Reformstau aufzulösen und die dringend notwendige Transformation der Landwirtschaft anzugehen. Dabei darf man nicht allein über Fördermittel reden, sondern auch über Preise. Alle Berechnungen machen deutlich, dass die derzeit vorhandenen öffentlichen Mittel für angemessene Erzeugerpreise und eine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft bei weitem nicht ausreichen. Der Agrarbericht stellt vor, dass es für eine gerechtere Verteilung der Erlöse innerhalb der Wertschöpfungsketten z.B. in Frankreich und Spanien gesetzliche Bestimmungen gibt, die verhindern sollen, dass Verarbeiter*innen und Handel die Erzeugerpreise unter die Produktionskosten drücken können. Ähnliche Maßnahmen werden auch von der neuen Bundesregierung erwartet. In mehreren Beiträgen wird darüber berichtet, wie die meist "unsichtbaren" externen Kosten der Lebensmittelproduktion, die zu Lasten der Natur gehen, in die Verbraucherpreise eingepreist werden können. So werden bewusste Konsumentscheidungen sowie mehr Fairness am Markt ermöglicht.

Umbau der Landwirtschaft auch global verantwortlich gestalten

Die Landwirtschaft in Deutschland und in der EU ist eng in globale Lieferketten eingebunden. Vor allem der Import von Futtermitteln wie Soja ermöglicht die industrielle Tierhaltung und damit auch den Export von Fleisch und Milch auf den Weltmarkt. Gleichzeitig ist Sojaanbau ein zentraler Treiber für Entwaldung in Südamerika. Das deutsche Lieferkettengesetz und die vorgeschlagene EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten sind erste wichtige Schritte, um dem entgegenzuwirken. Sie müssen auch Ökosysteme wie Savannen und Feuchtgebiete schützen, die besonders durch wachsende Ackerflächen zerstört werden. Mit dem notwendigen Um- und Abbau der Tierhaltung werden weniger Futterimporte benötigt – die verbleibenden dürfen Umwelt, Menschenrechten und Klima nicht schaden. Im Gegenzug müssen auch Exporte aus der EU zu Preisen stattfinden, die alle ökologischen und sozialen Kosten der Erzeugung enthalten.

Mit 30 Prozent Bio die Landwirtschaft und Ernährung umbauen

Die Bundesregierung hat sich ein Ziel von 30 Prozent Bio gesetzt und will Öko als Leitbild für den Umbau etablieren, weil Bio ein Umbauprogramm für die Landwirtschaft, Lebensmittelherstellung und Ernährung ist. Es gibt Höfen eine Perspektive, vermeidet chemisch synthetische Pestizide, hält Tiere artgerecht, macht Ernährungsstile nachhaltiger und schützt das Klima. Die Wissenschaft belegt, dass Bio wirkt. Auch diverse Gremien wie die Zukunftskommission Landwirtschaft oder der deutschen Nachhaltigkeitsrat empfehlen Öko. Bio ist ein gesetzlicher Standard mit klarer Kennzeichnung, dem Bio-Siegel, einem Kontrollsystem und einem etablierten Markt. Jetzt muss die Bundesregierung einen guten Bio-Aktionsplan erstellen, genug investieren, eine sinnvolle Infrastruktur entwickeln, forschen, ausbilden und Absatzpotentiale heben.

EU-Agrarfördermittel zur Honorierung öffentlicher Leistungen nutzen

Nötig ist dabei ein zielgerichteter Einsatz öffentlicher Mittel. Die EU-Agrarmilliarden müssen dafür genutzt werden, gesellschaftliche Leistungen der Landwirt*innen zu honorieren. Wer mehr für den Klimaschutz macht, die Tiere besser hält, weniger Pestizide einsetzt und die Biodiversität schützt, muss unterstützt werden. Heute wird immer noch viel Geld mit der Gießkanne über Europas Äcker und Wiesen verteilt. Dies muss spätestens 2028 beendet werden. Bis dahin sollte das neue Förderinstrument der Öko-Regelungen stärker genutzt werden: Statt nur 23 Prozent sollten hierzulande 30 Prozent der Gelder dafür eingesetzt und danach ein jährliches Wachstum eingeplant werden. Von der Politik müssen Landwirt*innen erwarten können, dass sie den Transformationsprozess in der Landwirtschaft begleitet. Ein wichtiger Baustein dafür sind Rahmenbedingungen für faire Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse.

Erstmalig in der Ausgabe 2022 haben die Autor*innen für die zehn Politikfelder, die regelmäßig im "Kritischen Agrarbericht" behandelt werden, jeweils fünf zentrale politische Forderungen zusammengestellt. Diese 10 x 5 Kernforderungen richten sich vor allem an die neue Bundesregierung, aber auch an weitere politische Entscheidungsträger*innen sowie Akteur*innen der Zivilgesellschaft.

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