BUND testet Weihnachtsbäume - Fast zwei Drittel der Bäume mit Pestiziden belastet, auch Proben aus Niedersachsen

16. Dezember 2020 | Chemie, Landwirtschaft, Naturschutz in der Stadt (NI), Umweltgifte, Wald (NI), Wälder

Der BUND hat die Nadeln von 23 Weihnachtsbäumen von einem unabhängigen Labor auf Rückstände von knapp 140 Pestiziden untersuchen lassen. Bei 14 der analysierten Bäume wurde das Labor fündig. Insgesamt wurden bei dem Test neun verschiedene Pestizide gefunden, von welchen sieben zu den gefährlichsten zählen, die derzeit in der EU eingesetzt werden. Die untersuchten Weihnachtsbäume stammten überwiegend von deutschen Plantagen und wurden in den vergangenen Wochen stichprobenartig in Baumärkten, Gartencentern und im Straßenverkauf an 23 Verkaufsstellen in acht Bundesländern erworben. Auch in Niedersachsen wurden Bäume getestet.

„Unser Test zeigt: Beim Anbau von Weihnachtsbäumen in Plantagen werden in großem Umfang Herbizide, Insektizide und Fungizide eingesetzt“, so die BUND-Pestizidexpertin Corinna Hölzel. „Besonders kritisch ist die hohe Mehrfachbelastung, viele Weihnachtsbäume sind einem regelrechten Pestizidcocktail ausgesetzt. Die Wechselwirkung der Einzelstoffe auf die menschliche Gesundheit ist nahezu unbekannt.“ Mehr als ein Viertel der getesteten Bäume war mit mindestens zwei Wirkstoffen belastet, drei Bäume enthielten sogar Rückstände von drei Pestiziden. „Nicht nur die Mehrfachbelastung, sondern auch die vielen Wirkstoffe, die zu den gefährlichsten Pestiziden gehören, sind beängstigend. Diese Pestizide gehören verboten und nicht in die Weihnachtsbäume in unseren Wohnzimmern“, so Hölzel.

Mit sieben Funden sehr häufig wurde das Insektenbekämpfungsmittel lambda-Cyhalothrin nachgewiesen, es gilt als das schädlichste zurzeit in der EU zugelassene Pestizid. Es schädigt unter anderem Nervenzellen und das Hormonsystem, ist hoch giftig für Bienen und Wasserlebewesen und reichert sich auch in anderen Lebewesen an. In zwei Weihnachtsbäumen wurde das umstrittene Totalherbizid Glyphosat nachgewiesen - so auch bei einem Baum, der in Niedersachsen verkauft wurde. Skandalös ist die Tatsache, dass der BUND zwei Pestizide nachweisen konnte, die entweder in Deutschland (Chlorpyrifos) oder für den Weihnachtsbaumanbau (tau-Fluvalinat) keine Zulassung haben. Der BUND nimmt hier Kontakt mit den Händlern auf, um diese illegale Anwendung aufklären zu lassen.

Der Einsatz von Pestiziden auf Plantagen ist vor allem ein Problem für die Artenvielfalt. „Die Gifte gelangen in Böden und Gewässer, sie töten und schädigen Bienen und andere Insekten und zerstören Lebensräume von Nützlingen. Vier der gefundenen Wirkstoffe sind hoch giftig für Bienen“, sagt die BUND-Pestizidexpertin. Leider versagt die deutsche Politik bei der Lösung dieses Problems auf ganzer Linie. Statt der Lippenbekenntnisse von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner zum Schutz der Bienen sind endlich wirksame Verbote von bienengiftigen Wirkstoffen notwendig. Weiterhin fehlen konkrete Maßnahmen, um den Pestizideinsatz mindestens um 50 Prozent bis 2030 zu reduzieren, so wie es die EU-Kommission 2020 vorgeschlagen hat.

Heiner Baumgarten, Landesvorsitzender vom BUND Niedersachsen, rät Verbraucher*innen angesichts der Testergebnisse: „Fragen Sie beim Kauf eines Weihnachtsbaums nach, ob Pestizide beim Anbau eingesetzt werden – auch wenn Sie den Baum wie auf dem Land üblich beim benachbarten Landwirt erwerben. Kaufen Sie wenn möglich zertifizierte Bio-Weihnachtsbäume, die garantiert frei von Schadstoffen sind, oder einen Baum aus heimischen FSC-zertifizierten Wäldern, die nicht mit Pestiziden behandelt werden. So holen Sie sich kein Gift ins Wohnzimmer und schützen die Natur vor dem Einsatz gefährlicher Pestizide.“ Auskunft über FSC-zertifizierte Forstbetriebe gibt die FSC-Website. Bio-Bäume erkennen Verbraucher am Siegel der Öko-Anbauverbände Bioland, Naturland oder Demeter. Um eine Pestizidreduktion zu erzwingen, können Bürger*innen auch bei der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ unterschreiben.

 

Weitere Informationen:

Kontakt:
Heiner Baumgarten, BUND Niedersachsen, Landesvorsitzender, heiner.baumgarten(at)bund.net

BUND-Pressestelle:
Dr. Tonja Mannstedt, Tel. (0511) 965 69 – 31, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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