Grundschleppnetze zerstören Hälfte der deutschen Meeresschutzgebiete - Niedersächsisches Wattenmeer besonders betroffen

16. April 2024 | Artenschutz (NI), Lebensräume, Meere

Grundschleppnetze haben mehr als die Hälfte der deutschen Meeresschutzgebiete massiv beeinträchtigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Von 2015 bis 2023 wurde mehr als 730.000 Stunden mit Grundschleppnetzen in den Schutzgebieten der deutschen Nord- und Ostsee gefischt und dabei 53 Prozent der Schutzgebiete gravierend beschädigt. Auf das Gebiet des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer entfallen mehr als 200.000 Stunden Befischung. Damit ist das Schutzgebiet an der niedersächsischen Küste das am zweithäufigsten befischte Meeresschutzgebiet Deutschlands. Um diesen wertvollen Lebensraum zu bewahren, fordert der BUND die Umsetzung des EU-Vorschlags für ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten bis spätestens 2030 und die Implementierung eines nachhaltigen Fischereimanagements.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Das Ausmaß der Zerstörung unserer Meeresschutzgebiete ist erschreckend. Die Fischerei mit Grundschleppnetzen zählt zu den größten Bedrohungen für die marine Artenvielfalt und ist unserer Auffassung nach nicht mit den Schutzzielen vereinbar. Deswegen hat der BUND Anfang des Jahres Widerspruch gegen die Fischereierlaubnis für Grundschleppnetze im Nordsee-Schutzgebiet Doggerbank eingelegt. Wir erwarten jetzt zügig eine Antwort auf unseren Widerspruch. Das Fischereiministerium (BMEL) darf eine weitere Zerstörung unserer Meeresschutzgebiete nicht zulassen.“

Susanne Gerstner, Landesvorsitzende BUND Niedersachsen: „Das Wattenmeer ist ein einzigartiger Lebensraum und eine wichtige Kinderstube für viele Fischarten und andere Meerestiere. Seit Jahren fordert der BUND die Regulierung der Fischerei im Nationalpark und eine naturverträgliche Neuausrichtung der Krabbenfischerei. Die Berührung der Grundschleppnetze mit dem Meeresboden beeinträchtigt das Ökosystem massiv, sodass die Wiederherstellung Jahre dauert und nur gelingt, wenn das Gebiet nicht mehr befischt wird. Außerdem wird die Fähigkeit des Meeresbodens reduziert, Kohlenstoff zu speichern und somit seine Funktion zum Schutz des Klimas zu erfüllen. Daher müssen schnellstmöglich Lösungen und Methoden entwickelt werden, die Lebensräume und Arten im Wattenmeer schonen.“

Die Marine Conservation Society aus Großbritannien hat für den BUND zusammen mit seinem europäischen Dachverband Seas at Risk und weiteren internationalen Partnerorganisationen 74 maritime FFH-Schutzgebiete in Küstengewässern und der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ausgewertet. Die Analyse der Daten des öffentlichen Portals Global Fishing Watch zeigt, dass die deutsche Nordsee im Vergleich der europäischen Meeresschutzgebiete am stärksten von Beeinträchtigungen durch Grundschleppnetz-Fischerei betroffen ist. Besonders gravierend sind die Zerstörungen in den Nationalparks im Wattenmeer vor Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Die Meeresschutzgebiete Sylter Außenriff oder die Doggerbank weiter draußen in der Nordsee sind davon großflächig betroffen.

Die Fischereidaten zeigen dabei nur die Spitze des Eisbergs, denn es werden nur Schiffe ab einer Länge von 15 Metern erfasst. Damit fehlt ein Großteil der Küstenfischerei, die auch mit kleineren Kuttern Grundschleppnetze durch das geschützte Wattenmeer ziehen.

Mehr Informationen
Interaktive Karte zum Ausmaß der Grundschleppnetz-Fischerei nach Schutzgebiet
Vollständiger Bericht „A quantification of bottom towed fishing activity in marine Natura 2000 sites“ by The Marine Conservation Society (PDF)
zum Positionspapier des BUND Niedersachsen - „Mehr Schutz fürs Wattenmeer“
BUND-Pressemitteilung: Grundschleppnetz-Fischerei auf der Doggerbank stoppen

BUND-Pressestelle:
Elisabeth Schwarz, Tel. (0511) 965 69 – 32, Mobil: (01515) 33 111 88; presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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