BUND Landesverband Niedersachsen

Maßstäbe verschoben, Problem behoben? BUND kritisiert von K+S beabsichtigte Absenkung von Umweltstandards

18. Mai 2021 | Kaliabbau (NI)

Die laufende Klage des BUND Niedersachsen gegen die Wiederaufnahme der Kalidüngerproduktion in Giesen bei Hildesheim legt Versuche der Kasseler K+S AG offen, Umweltstandards für die Belastung von Gewässern abzusenken. Der Agrarkonzern will damit erleichtern, wasserrechtliche Erlaubnisse zur Einleitung salzhaltiger Abwässer zu erhalten. Einer möglichen Aufweichung von Umweltstandards beim Gewässerschutz stellt sich der BUND entschieden entgegen.

„Mit der von K+S angewandten Methode zur Beurteilung und Prognose des Gewässerzustands versucht der Agrarkonzern, geltende gesetzliche Maßstäbe zu verschieben“, kritisiert Susanne Gerstner, BUND-Landesgeschäftsführerin. „Eine Absenkung von Umweltstandards wäre nicht nur für die Innerste und die Leine, sondern für alle von Salzeinleitungen betroffenen Flüsse in Deutschland fatal. Wir bezweifeln, dass das Ziel der EU-Wasserrahmenrichtlinie und des deutschen Wasserrechts – ein guter ökologischer Zustand unserer Gewässer – noch erreicht werden kann, wenn sich diese Vorgehensweise durchsetzt.“

Ein guter ökologischer Zustand ist dann erreicht, wenn Artenvielfalt und Individuenzahlen von Tieren und Pflanzen im Gewässer dem natürlichen Zustand nahekommen. Eine Einleitung von Salzabwässern gefährdet dieses Ziel. Die Chlorid-Konzentration eines Fließgewässers darf laut Oberflächengewässerverordnung (OGewV) im Jahresmittel den Wert von 200 mg/l nicht überschreiten. Die vom BUND beklagte wasserrechtliche Erlaubnis an der Innerste lässt eine Konzentration von bis zu 300 mg/l zu, was laut BUND korrigiert werden muss.

Besonders problematisch ist, dass K+S darauf abzielt, eine neue Methode zur Beurteilung des Gewässerzustands anstelle der Prognose mithilfe der Schwellenwerte der Oberflächengewässerverordnung zu etablieren. Diese geht davon aus, dass Salzeinleitungen in ein Gewässer erst dann zu einer Verschlechterung des Zustands führen, wenn bestimmte Arten der charakteristischen Wirbellosenfauna absterben, weil ihre jeweilige Salztoleranzschwelle überschritten wurden. Eine solche Bewertung lehnt der BUND ab. „Bereits geringe Salzbelastungen unterhalb der tödlichen Schwelle beeinträchtigen die Lebenstüchtigkeit und die Populationsstärke vieler Arten wie Insektenlarven, Flohkrebse oder Muscheln. Das Artenspektrum verändert sich und ein guter ökologischer Zustand ist nicht mehr gegeben“, erklärt Matthias Köhler, BUND-Gewässerexperte.

Mit diesem Ansatz torpediert K+S den dringend notwendigen Gewässerschutz. Laut BUND widerspricht er dem im Wasserhaushaltsgesetz verankerten Vorsorgegrundsatz. Wer geltende gesetzliche Maßstäbe durch fragwürdige Prognosemethoden umgeht, setzt die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie und den Schutz unserer Flüsse und Bäche aufs Spiel.

 

Hintergrund:
Der BUND Niedersachsen hat im Dezember 2019 Klage gegen die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung salzhaltiger Abwässer von der Giesener Althalde sowie der neu aufzuschüttenden Halde für die künftigen Produktionsrückstände in die Innerste eingereicht. Mit der Klage will der BUND verhindern, dass sich der ökologische Zustand der Innerste weiter verschlechtert. In Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat sich Deutschland verpflichtet, für alle Fließgewässer bis spätestens 2027 mindestens einen guten ökologischen Zustand zu erreichen.

Die Schwellenwerte der Oberflächengewässerverordnung beruhen auf Studien im Auftrag der Bund / Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), in denen ein gesicherter statistischer Zusammenhang zwischen Gewässerbelastungen durch Salze oder Nährstoffeinträge und dem ökologischen Zustand hergestellt werden konnte. Da die Bäche und Flüsse mehrheitlich von Natur aus geringe Chlorid-Konzentrationen weit unterhalb von 100 mg/l aufweisen und das Leben im Wasser an diese salzarmen Verhältnisse angepasst ist, erlauben die Studien die Prognose, dass eine mittlere jährliche Chlorid-Konzentration von über 200 mg/l einen guten ökologischen Zustand des Gewässers ausschließt. Da bei einer Einleitungserlaubnis die Salzkonzentration im Gewässer mit relativ großer Sicherheit gut prognostiziert werden kann, erlauben die Schwellenwerte somit eine Vorhersage, ob der gute ökologische Zustand bei diesen Salzkonzentrationen noch erreicht werden kann oder nicht.

Mehr erfahren Sie in dieser Hintergrundinformation (PDF)

Weitere Informationen:
www.bund-niedersachsen.de/gewaesser

Kontakt:
Susanne Gerstner, Geschäftsführerin, BUND Landesverband Niedersachsen, susanne.gerstner(at)nds.bund.net
Matthias Köhler, BUND-Gewässerexperte und Vorsitzender BUND Hildesheim, matthias.koehler(at)bund.net

BUND-Pressestelle:
Dr. Tonja Mannstedt, Tel. (0511) 965 69-31, Mobil (0171) 359 8676, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de

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