Der Zustand der niedersächsischen Oberflächengewässer und des Grundwassers ist alarmierend. Aufgrund diffuser Nährstoffeinträge durch Wirtschafts- und Mineraldünger aus der Landwirtschaft ist das Grundwasser unter etwa 55 % der Landesfläche mit Stickstoff verunreinigt und in einem schlechten Zustand. Etwa die Hälfte der Fließgewässer ist mit Phosphor verunreinigt. Der BUND Niedersachsen sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte auf, den vorliegenden Entwurf der Niedersächsischen Landesdüngeverordnung (NDüngGewNPVO) deutlich nachzubessern.
„Die geplante Düngeverordnung reicht nicht aus, um Niedersachsens Gewässer vor Verunreinigungen durch Phosphor und Nitrat zu schützen und sie in einen guten Zustand zu bringen“, kritisiert BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner. „Niedersachsen kommt seiner Verpflichtung nicht nach, mit Phosphat belastete Gebiete als eutrophierte Gebiete auszuweisen, und erlaubt weiterhin den Einsatz von phosphathaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen im Einzugsgebiet belasteter Flüsse und Bäche. Während andere Bundesländer diese sogenannten Gelben Gebiete ausgewiesen haben, ist Niedersachsen noch immer nicht bereit, den dringend erforderlichen Schutz von Wasser, Boden und Artenvielfalt vor den Einträgen aus der Intensiv-Landwirtschaft zu gewährleisten.“
Der BUND kritisiert außerdem die erneute Verkleinerung der Roten Gebiete auf nur noch 21 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen. „Das Gezerre um die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Roten Gebiete, in denen Düngung nur unter strengeren Vorgaben möglich ist, muss endlich ein Ende haben“, fordert Gerstner. Rote Gebiete sind Grundwasserkörper mit einer Nitratbelastung von mehr als 50 mg/l oder über 37,5 mg/l mit steigendem Trend. Sie befinden sich laut EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in einem schlechten chemischen Zustand. Die düngerechtlichen Maßnahmen in den Roten Gebieten gelten als zentraler Hebel, um die Stickstoffbelastung so zu vermindern, dass die EU-Vorgaben auch tatsächlich eingehalten werden. Bereits mehrfach hat die EU-Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland das Düngerecht als unzureichend gerügt, sodass sowohl die Bundes- als auch Landesdüngeverordnungen mehrfach überarbeitet und angepasst werden mussten.
Hintergrund:
In Niedersachsen gehen die Nutztierzahlen und Stickstoffüberschüsse zwar landesweit zurück, doch das Land verzeichnet deutschlandweit immer noch die höchsten Tierdichten in der Tierhaltung. In vielen Regionen, wo intensive Viehwirtschaft betrieben wird, treten durch Überdüngung sehr hohe Nitratkonzentrationen im Boden auf. Stickstoffüberschüsse aus Wirtschafts- und Mineraldüngern, die von den Pflanzen nicht aufgenommen werden, gelangen nach Niederschlägen in die Gewässer und ins Grundwasser. Dies belastet Ökosysteme in Seen, Fließgewässern und im Meer massiv. Die Ergebnisse der Grundwasser- und Oberflächendaten in Niedersachsen – beispielsweise aus dem Entwurf zu den Bewirtschaftungsplänen 2021-2027 der Flussgebiete Elbe, Weser, Ems und Rhein – belegen, dass großflächige Nährstoffbelastungen aus Landwirtschaftseinträgen verhindern, dass die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden. Laut dieser müssen alle Gewässer bis spätestens 2027 einen guten ökologischen Zustand aufweisen. In Niedersachsen erfüllen bislang nur 3 % der Flüsse und Seen diese Anforderung. Somit besteht ein enormer Handlungsbedarf, die Nährstoffeinträge aus landwirtschaftlicher Nutzung zu reduzieren.
Bereits 2013 leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik ein und der Europäische Gerichtshof verurteilte diese schließlich, weil die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie zum Schutz des Grundwassers vor Nitrateinträgen nicht ausreichend umgesetzt wurden. Nach erneuter Klageandrohung durch die EU-Kommission musste die 2017 verabschiedete Düngeverordnung nachgebessert werden, weil sie nicht ausreichte, um die Nitratbelastungen zu reduzieren. Die nachgebesserte Düngeverordnung und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA) wurde Mitte 2022 von der EU-Kommission zwar akzeptiert, die daraus erfolgenden Umsetzungen in den Bundesländern müssen jedoch noch von ihr bewertet werden.
Kontakt:
Susanne Gerstner, Landesvorsitzende, BUND Landesverband Niedersachsen, susanne.gerstner(at)nds.bund.net
Vera Konermann, Gewässerreferentin, BUND Landesverband Niedersachsen, vera.konermann(at)nds.bund.net
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