- BUND findet PFAS in allen niedersächsischen Stichproben
- PFAS-Belastung stellt Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen
- BUND fordert umfassende PFAS-Beschränkung und konsequente Anwendung des Verursacherprinzips
Die Süßwasserressourcen für unsere Trinkwassergewinnung sind zunehmend gefährdet. Aktuelle Stichproben des BUND zeigen: In allen untersuchten Trinkwasserproben aus Niedersachsen wurden sogenannte Ewigkeitschemikalien, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), nachgewiesen.
Susanne Gerstner, Vorsitzende des BUND Niedersachsen: „Die Stichproben aus Niedersachsen zeigen, dass PFAS längst in unserem Wasserkreislauf vor Ort angekommen sind. Da sich die Chemikalien nicht abbauen, reichern sie sich immer weiter in unserem Trinkwasser an – mit unkalkulierbaren Folgen für unsere Gesundheit und die Umwelt. Deshalb brauchen wir umgehend einen geordneten Ausstieg aus der Produktion und der Verwendung von PFAS in der EU. Alternativen sind in vielen Bereichen bereits verfügbar, etwa für Textilien, Pfannen und Kältemittel. Nur eine umfassende PFAS-Beschränkung kann verhindern, dass die PFAS-Konzentration auch in unseren Körpern täglich weiter steigt.“
Von Juni bis Oktober 2025 nahmen BUND-Aktive aus ganz Deutschland stichprobenartig 46 Trinkwasserproben – acht davon kamen aus Niedersachsen. Deutschlandweit wurden in 42 der 46 Stichproben PFAS gefunden, auch in allen Proben aus Niedersachsen. Zwei von ihnen wiesen eine höhere PFAS-Konzentration auf: In den Proben, die der BUND in Goslar und in Leer entnommen hat, lagen die Werte über der tolerablen Wochendosis der ab Ende 2027 geltenden neuen Grenzwerte der Trinkwasserverordnung.
Im Januar 2026 und 2028 treten bundesweit neue PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser in Kraft. Die Einhaltung dieser PFAS-Grenzwerte stellt Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen. Die derzeit verfügbaren Verfahren zur PFAS-Entfernung sind teuer, energie- und ressourcenintensiv und überdies bei TFA nur begrenzt wirksam.
Gerstner weiter: „Das Aufbereiten von Wasser wird immer aufwendiger und teurer für unsere Wasserwerke. Die entstehenden Kosten sollten deshalb von den Verursachern gezahlt werden und nicht von den Verbraucher*innen. Der BUND Niedersachsen fordert die Kommunen deshalb auf, die Verursacher zu identifizieren und zur Kasse zu bitten.“
Ein Großteil des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen. Im Trinkwasser können PFAS bisher noch aufwendig herausgefiltert werden, in Lebensmitteln, Böden, Flüssen und dem Meer ist das nicht möglich. PFAS werden massenhaft eingesetzt, die Konzentrationen in unseren Körpern und der Umwelt steigen stetig an. Im August veröffentlichte der BUND eine Auswertung zur PFAS-Belastung von Lebensmitteln. Auch Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen schlagen Alarm. Studien belegen ihren Effekt auf den Körper bei ständiger, langfristiger Einnahme. Folgen können ein erhöhter Cholesterinspiegel oder ein größeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, Leberschäden oder ein geschwächtes Immunsystem.
Der BUND fordert daher: PFAS beschränken – Wasserressourcen schützen
- Schnellstmögliche Beschränkung der gesamten PFAS-Gruppe
- konsequente Anwendung des Verursacherprinzips bei der Aufbereitung und Sanierung von kontaminierten Wasser und Böden,
- eine vorsorgeorientierte Chemikalienpolitik zum Schutz von Umwelt und Gesundheit.
Hintergrund:
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von über 10.000 synthetischen Chemikalien, die aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit als Ewigkeitschemikalien gelten. Ihre Langlebigkeit führt dazu, dass sie über Jahrzehnte in der Umwelt bleiben und in Flüsse, Böden, Lebensmittel und letztlich in den menschlichen Körper gelangen. Wegen ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Wirkung werden sie häufig eingesetzt, etwa bei Anti-Haft beschichteten Pfannen, Outdoor-Textilien, Teppichen, aber auch in Pestiziden und Kältemitteln. Auch in Deutschland werden PFAS in großen Mengen hergestellt, so etwa in Leverkusen von Covestro, Bayer und Momentive, in Bad Wimpfen von Solvay, in Frankfurt am Main von Daikin und in Burgkirchen an der Alz von Dyneon, Archroma und W.L. Gore.
Bisher ist lediglich die Produktion und Verwendung von weniger als 20 der über 10.000 PFAS-Einzelsubstanzen reguliert. Die Verwendung von PFAS in Feuerlöschschäumen ist ab Oktober 2030 beschränkt. Eine Beschränkung der gesamten Gruppe wird zurzeit auf EU-Ebene diskutiert.
Am häufigsten und in den höchsten Konzentrationen wurden bisher nicht regulierte PFAS gefunden, welche teils als „Ersatzstoffe“ für die weniger als 20 regulierten PFAS eingesetzt werden: Trifluoracetat (TFA), Perfluorbutansäure (PFBA) und Perfluorpropansäure (PFPrA). Letztere Substanz läuft bisher gänzlich unter dem Radar der Behörden und ist auch in keinen zukünftigen Messprogrammen vorgesehen.
Für Trinkwasser tritt ab 2026 ein Grenzwert für die Summe von 20 PFAS in Kraft, zudem ein strikterer für die Summe von 4 PFAS ab 2028. Für Lebensmittel gelten lediglich Grenzwerte für 4 PFAS, welche je nach Lebensmittel, zum Beispiel bei Fisch, sehr hoch angesetzt sind. Die meisten Menschen sind im Alltag zu hohen Konzentrationen von Ewigkeitschemikalien ausgesetzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellte bereits 2021 unter Verwendung der Daten aus den Überwachungsprogrammen der Bundesländer fest, dass die täglich aufgenommene PFAS-Menge bereits über dem gesundheitlich kritischen Wert liegt und eine Beeinträchtigung des Immunsystems durch die Chemikalien nicht ausgeschlossen werden kann.
Der BUND hatte bereits im August 2025 eine Untersuchung zur PFAS-Belastung von Lebensmitteln veröffentlicht. Diese zeigte erhöhte Konzentrationen insbesondere in Fischen, Innereien und Hühnereiern aus Hobbyhaltungen.
Hinweise:
Als Umweltverband ist der BUND ein früher Risikoanzeiger, wenn es um Verbraucherthemen geht. Der Verband bearbeitet mit Fachleuten Themen, bei denen eine potenzielle Gesundheitsgefahr entweder gesichert ist, wie bei einigen gut untersuchten Ewigkeitschemikalien PFAS, oder wo dieses zumindest strittig ist, wie bei Glyphosat. Über Tests und Stichproben macht der BUND auf kritische Entwicklungen aufmerksam, fordert die Politik zum Handeln auf und macht damit das Vorsorgeprinzip stark. Ganze Testprogramme kann der Verband nicht finanzieren. Diese sind zudem Aufgabe des Staates.
Die Trinkwasserproben sind örtliche und zeitliche Stichproben aus den genannten Städten und bilden je nach Wassernetz nicht die Situation in der ganzen Stadt ab.
Weitere Informationen:
- BUND- Trinkwassertest
- Karte zu PFAS im Trinkwasser
- Karte zu PFAS in Grundwasseer
- Daten zum PFAS-Wassertest
- Hintergrund Ewigkeitschemikalien PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen)
- Podcast Chemie
BUND-Pressestelle:
Lara-Marie Krauße, Tel. (0511) 965 69 - 32 oder Mobil (01515) - 33 111 88, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de