Im Sommer 2019 haben BUND und Nabu mit einem gemeinsamen Forderungspapier sofortige und wirksame Maßnahmen für mehr Insektenschutz und Artenvielfalt eingefordert. In einem Dialogprozess mit der durch das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium vertretenen Landesregierung, mit Landvolk und Landwirtschaftskammer entstand die Rahmenvereinbarung "Der niedersächsische Weg", die am 25. Mai 2020 von allen Verhandlungspartnern öffentlich in Wunstorf unterzeichnet wurde.
In dem gemeinsamen Vertrag verpflichten sich alle Beteiligten zu großen Anstrengungen bei Natur- und Artenschutz, bei Biodiversität und beim Umgang mit der Ressource Landschaft.
Hier beantwortet der BUND Niedersachsen häufig gestellte Fragen zur Allianz für Artenschutz.
Der BUND Niedersachsen bewertet die Vereinbarung als Meilenstein für den Naturschutz in Niedersachsen. Enthalten sind nicht nur Verbesserungen im Naturschutz-, Wasser- und Waldgesetz des Landes, sondern auch neue Förderprogramme, die den Bewirtschafter*innen Anreize bieten, freiwillig mehr für Artenvielfalt und Naturschutz zu leisten, sowie zusätzliche jährliche Finanzmittel ab 2021 im hohen zweistelligen Millionenbereich zur Umsetzung der Maßnahmen.
Der BUND befürwortet den Niedersächsischen Weg im Sinne einer „Allianz für Artenschutz“ nicht nur aus inhaltlicher Sicht. Die Vereinbarung ist gleichzeitig ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum dringend notwendigen gesellschaftlichen Dialog zur Zukunft einer nachhaltigen, naturschutzgerechten Landnutzung. Der BUND ist überzeugt, dass auf der Suche nach tragfähigen Lösungen auch die Belange der Bewirtschafter*innen gehört und gewürdigt werden müssen. In Zeiten von Trecker-Demos und Grünen Kreuzen sind Gespräche auf Augenhöhe nötiger denn je. Das verhandelte Papier und der begonnene Umsetzungsprozess sind ein gemeinsamer Erfolg aller Partner.
Entscheidend ist nun aus Sicht des BUND eine umgehende und konsequente Umsetzung der Vereinbarungsinhalte.
Vertreter*innen der Naturschutzverbände BUND und Nabu, der Landesregierung, des Landvolkes und der Landwirtschaftskammer haben unmittelbar nach der Unterzeichnung gemeinsam in einer Lenkungsgruppe und verschiedenen Arbeitskreisen die Arbeit an der Umsetzung der gemeinsam getroffenen Vereinbarung aufgenommen. Der BUND übernimmt hierbei eine aktive Rolle. Zusätzlich werden weitere Naturschutz- und Landwirtschaftsvertreter*innen eingebunden.
In der Rahmenvereinbarung sind für die Umsetzung der jeweiligen Inhalte und Bereitstellung von Finanzierung jeweils Zeithorizonte festgelegt worden. So steht beispielsweise die Novellierung des niedersächsischen Naturschutzgesetzes, des Waldgesetzes und Wassergesetzes bereits in diesem Herbst an. Gleichzeitig müssen jetzt die Inhalte der vereinbarten Aktionsprogramme für mehr Artenvielfalt detailliert festgeschrieben und implementiert werden.
Erhebliche Fortschritte im Naturschutz werden infolge der Vereinbarung z.B. durch die Unterschutzstellung weiterer Biotoptypen (artenreiches Grünland, Streuobstwiesen) und durch ein Grünlandumbruchverbot auf definierten Standorten erzielt. Zu den besonderen Erfolgen der Vereinbarung gehören ebenso die gesetzliche Einführung von Gewässerrandstreifen an Gewässern erster, zweiter und dritter Ordnung und ein Verbot von Totalherbiziden in Naturschutzgebieten sowie die Zusage des Landes für ein 1.000 Hektar umfassendes Wildnisgebiet im Solling.
Das Maßnahmenpaket enthält u.a. folgende Inhalte:
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Natura 2000: zusätzliche Mittel in Millionenhöhe zur Finanzierung von Managementmaßnahmen in den nächsten 3 Jahren und Schaffung von 15 weiteren Einrichtungen zur Gebietsbetreuung
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Mehr Schutz für artenreiches Grünland und Streuobstwiesen: Änderungen im Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG)
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Randstreifen an Gewässern: Anpassungen im Niedersächsischen Wassergesetz (NWG)
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Wiesenvogelschutzprogramm für Niedersachsen
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Aktionsprogramm Insektenvielfalt für Niedersachsen
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Ausbau des Monitorings bedrohter Arten (u.a. Rote Listen)
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Erstellung eines Pflanzenschutzmittelreduktionsprogramms bis 2021 und gesetzliches Verbot der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln, die im Ökolandbau nicht zugelassen sind, in Landschaftsschutzgebieten, die ein Natura-2000-Gebiet sichern und in Naturschutzgebieten auf Dauergrünland sowie ein Verbot von Totalherbiziden in Naturschutzgebieten
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Schrittweise Verringerung der Neuversiegelung von Flächen in Niedersachsen
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Kompensationskataster für die Bauleitplanung
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Vorbildfunktion des Landes hinsichtlich des Natur- und Artenschutzes auf landeseigenen Flächen
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Aufbau einer flächendeckenden Beratung für Landwirt*innen für einen verbesserten Biotop- und Artenschutz bis spätestens 2025
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Schaffung eines 1.000 Hektar großen Wildnisgebietes im Solling
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Mehr Dialog zwischen Politik, Landwirtschaft, Umweltschutz, Verbraucher*innen und Handel
Entwicklung eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 % der Landesfläche: Vernetzung der Kernflächen unter Einbeziehung schon bestehender Strukturen und Landschaftselemente, wie Fließgewässer, Ufer, Weg- und Feldraine oder auch Hecken, Feldgehölze, Alleen und Baumreihen
Informieren Sie sich zu den vereinbarten Maßnahmen auch auf der Website des BUND Niedersachsen.
Die Vereinbarung „Niedersächsischer Weg“ umfasst auch die Förderung des Dialogs zwischen Landwirtschaft, Umweltverbänden, der Verbraucherseite, dem Lebensmitteleinzelhandel und weiteren Akteuren entlang der Wertschöpfungsketten. Die Aufgabe, unsere Natur zu erhalten, ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die wir nur gemeinsam stemmen können. Engagieren Sie sich in Ihrer Gemeinde oder Stadt für mehr Artenvielfalt im öffentlichen Raum!
Der BUND ist ein Mitmachverband. Werden Sie bei uns aktiv! Unsere Gruppen zwischen Küste und Harz sind das Rückgrat des Verbandes und setzen sich seit Jahrzehnten für Artenschutz und Insektenvielfalt durch eine Vielzahl von Projekten, Aktionen und Aufklärungsarbeit vor Ort ein – vielfach auch in Zusammenarbeit mit Landwirt*innen. BUND-Gruppen organisieren Diskussionsveranstaltungen, machen Öffentlichkeit und Kommunalpolitik auf Missstände aufmerksam und setzen sich als Anwalt der Natur vor Ort für den Umwelt- und Artenschutz ein.
Auch im Haushalt und Garten können Sie etwas für Artenschutz und Insektenvielfalt tun: Beim naturnahen Gärtnern gestalten Sie Ihren Garten oder Balkon bienenfreundlich und biete Tieren Nistmöglichkeiten und verzichten Sie auf Pestizide, Torferde und Gifte. Mit dem Einkauf von saisonalen Produkten aus der Region oder Bio-Lebensmitteln können Sie Landwirt*innen unterstützen, die nachhaltig arbeiten. Auf unserer Website finden Sie weitere Ökotipps und Ideen für Zuhause.
Der BUND hat auf Landes- und lokaler Ebene seit Herbst vergangenen Jahres als Unterstützer an der Vorbereitung des Volksbegehrens für mehr Artenvielfalt mitgewirkt. Wir sind überzeugt, dass die Kulisse des Volksbegehrens einen wichtigen Impuls für den Dialog gegeben und zum Erfolg beigetragen hat.
Mit dem gemeinsamen Forderungspapier von BUND und Nabu, das beide Verbände im vergangenen Sommer der Landesregierung überreicht haben, hat der BUND ein klares Signal gesetzt: Wir bieten der Landesregierung an, unsere Forderungen auf freiwilligem Weg und im Dialog über Gesetzesänderungen und Förderprogramme, ausgestattet mit den nötigen Finanzmitteln, umzusetzen. Da ein Volksbegehren ausschließlich auf ordnungsrechtliche Maßnahmen setzt und Förderprogramme sowie Finanzmittel nicht „erzwingen“ kann, ist ein Volksbegehren aus Sicht des BUND nur das letzte Mittel, sollte der Dialogweg scheitern.
Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des Forderungspapiers geschafft, der weitere Umsetzungsprozess erfordert in den nächsten Monaten einen erheblichen Einsatz aller Beteiligten. Bis zum Herbst sollen die aus der Vereinbarung abgeleiteten Änderungen im Naturschutz-, Wasser- und Waldgesetz formuliert werden. Anschließend werden weitere Konkretisierungen erarbeitet, z. B. Ausnahmeregelungen für Gewässerrandstreifen, Förderprogramme zum Insekten- und Wiesenbrüterschutz und Detailkonzepte über freiwillige Vertragsnaturschutzmaßnahmen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beteiligt sich der BUND Niedersachsen daher nicht aktiv am Sammeln von Unterschriften, denn es erschwert den begonnenen Dialog und fordert zusätzliche Ressourcen.