BUND Landesverband Niedersachsen
Erdfälle auf der Eichsfeldschwelle bei Osterhagen. Foto: Detlef Tront

Harzer Gipskarst retten!

Mit einem Online-Appell hat der BUND Niedersachen in 2021 Unterschriften für den Schutz des Harzer Gipskarstes gesammelt. Das Land Niedersachsen hat nach zahlreichen Protestaktionen, Gesprächen mit der Landesregierung und über 4.000 gesammelten Unterschriften zugesagt, seine aktuellen Pläne zum weiteren Gipsabbau im Südharz zurückzunehmen. Das ist ein riesiger Erfolg für den BUND!

Am Rande des Harzes liegt das bedeutendste Gipskarstgebiet Europas. Die Gipskarstlandschaft Südharz erstreckt sich über Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Aufgrund der Vielfalt an unterschiedlichen Lebensräumen ist sie ein wichtiges Refugium vieler bedrohter Pflanzen- und Tierarten. Orchideenreiche Wälder und feuchte Schluchten wechseln sich mit Kleingewässern und Mooren, seltenen Felsfluren, Trockenrasen, Streuobstwiesen und Höhlenbiotopen ab. Ein Kleinod des Naturschutzes – vor Zehntausenden von Jahren entstanden und einzigartig.

Doch diese Naturlandschaft ist durch den Abbau von Naturgips bedroht! Schon heute sind viele ihrer Lebensräume unwiederbringlich zerstört. Mit rund 2,5 Millionen Tonnen pro Jahr wird mittlerweile die Hälfte des Naturgipsaufkommens Deutschlands im Südharz gewonnen. In einem Entwurf des Landesraumordnungsprogramms (LROP) hatte Niedersachsen beabsichtigt, weitere Gebiete für den Gipsabbau auszuweisen. Die Abbauflächen sollten bis an die Grenzen von besonders geschützten Gebieten wie beispielsweise das Naturschutzgebiet „Gipskarstlandschaft bei Ührde“ erweitert werden.

Das wollte der BUND nicht akzeptieren. Über Monate haben wir massiv gegen die geplante Erweiterung protestiert: mit Aktionen vor dem niedersächsischen Landtag und Protestmärschen im Südharz, mit einer Unterschriftenaktion an Ministerpräsident Stephan Weil, Infoständen und vielem mehr. Es folgten intensive Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen. Im September 2021 hat das Land Niedersachsen schriftlich zugesagt, den von uns kritisierten Entwurf zum Landesraumordnungsprogramm in diesem Punkt zu überarbeiten. 45 Hektar wertvollste Natur in der Harzer Gipskarstlandschaft wurden vor der Zerstörung gerettet!

Einen herzlichen Dank an alle, die unsere Kampagne "Harzer Gipskarst retten!" unterstützt haben.

 

Der Raubbau ist noch nicht gestoppt!

Die Zurücknahme der Abbaupläne ist nur ein erster Schritt. Nun gilt es, den endgültigen Ausstieg aus dem Gipsabbau zu erreichen. Auch in Zukunft dürfen in Niedersachsen keine weiteren Abbauflächen - über die bislang genehmigten Flächen hinaus - mehr zugelassen werden. Dafür wird sich der BUND weiterhin einsetzen.

Eindrücke aus unserer Kampagne:

Video: Die einzigartige Gipskarstlandschaft und die Auswirkungen des Gipsabbaus

Naturgips und Alternativen

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1. Warum ist der Gipsabbau eine Bedrohung für die Natur?

Der Abbau von Naturgips erfolgt übertägig mit Sprengungen und schwerem Gerät. Er führt zu einem enormen Landschaftsverbrauch. Im Südharz sind auf diese Weise bereits landschaftstypische Karstformen, einmalige Wälder und mit ihnen die Lebensräume seltener Tiere und Pflanzen in großem Umfang unwiederbringlich verloren gegangen. Von der Gipsindustrie nachträglich renaturierte Flächen sind kein Ersatz für eine unversehrte, in Jahrzehntausenden gewachsene Karstlandschaft.

2. Welche umweltverträglichen Alternativen gibt es zum Naturgips?

Die Zerstörung der einzigartigen Gipskarstlandschaft im Südharz durch den Gipsabbau ist nicht notwendig, denn es existieren naturgipsfreie Baustoffe als Alternativen. Rund 40 % des Naturgipses geht in billigste Gipskarton- und Gipsfaserplatten. Diese können auch mit Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA-Gips genannt) und Kunstgips, vor allem Phosphorgips, hergestellt werden. Darüber hinaus können Platten und viele Spezialgipse recycelt und wiederverwendet werden. In anderen Bundesländern gibt es bereits Werke zum Gipsrecycling.

Auch ein Umdenken im Bauen ist erforderlich: Anstelle von besonders energieintensiven Materialien wie Beton, Zement und Gips müssen zukünftig ökologische Baustoffe wie Lehm, Holz und andere nachwachsende Rohstoffe verwendet werden, wie es in vielen Ländern ohne natürliche Gipsvorkommen üblich ist. Dies muss jedoch finanziell unterstützt werden.

3. Warum setzt die Gipsindustrie weiterhin auf Naturgips?

Der Abbau von Naturgips ist für die Unternehmen günstiger als der Umstieg auf Alternativen, weil die Zerstörung der Natur kaum einen Preis hat. Die teure Sonderentsorgung der Gipsabfälle und weitere Umweltschäden sind nicht im Produkt eingepreist. Ein vom BUND in Auftrag gegebenes Gutachten zeigt, dass bis 2045 ein Ausstieg aus der Naturgipsverwendung möglich ist, weil ausreichend Alternativen zur Verfügung stehen – trotz des beschlossenen Kohle-Ausstiegs und den damit sinkenden Mengen an REA-Gipsen. Auch für die Herstellung von Spezialgipsen, die in der Bau- und Pharmaindustrie sowie für Lebens- und Futtermittel eingesetzt werden, ist kein Naturgips erforderlich. Es gibt heute bereits Lösungen, sie müssen nur genutzt werden!

Sachsenstein. Foto: Siegfried Wielert Sachsenstein. Foto: Siegfried Wielert  (www.bund-niedersachsen.de)

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