Carbon Capture and Storage (CCS) ist kein Klimaschutz!

Mit CCS wird es keinen Ausstieg aus Öl, Gas und Plastik geben. Im Gegenteil: CCS trägt zur weiteren Ausbeutung der Ölfelder in der Nordsee bei. Statt Milliarden Steuergelder in eine Technologie zu versenken, die im besten Fall nur einen Bruchteil der anfallenden Treibhausgasemissionen binden kann, brauchen wir effektiven Klimaschutz, der dort wirkt und unterstützt, wo die Klimakrise schon jetzt besonders hart auftritt.

Abgase aus der Industrie herausfiltern und so lagern, dass sie der Atmosphäre nicht zugeführt werden – das verspricht das Konzept des Carbon Capture and Storage (CCS). Die Technik ist jedoch wenig erprobt, mit sehr hohen Kosten verbunden und birgt enorme Risiken. Bisher war die Endlagerung von CO2 in Deutschland nicht möglich. Im Mai 2024 wurde eine grundsätzliche Änderung der Gesetzgebung beschlossen, die die Deponierung in Nord- und Ostsee nun voranbringen soll. Der BUND kritisiert dieses Vorhaben stark. Echter Klimaschutz und die Einsparung von CO2 in der Industrie muss priorisiert werden. Ein Endlager für Klimagase zu suchen, ist der falsche Ansatz.

Was ist Carbon Capture and Storage - CCS?

Carbon Capture and Storage bezeichnet ein Konzept zur Endlagerung von Kohlendioxidemissionen. Dabei wird dieses aus Industrieabgasen mit hohem Energieaufwand ausgewaschen (Carbon Capture) und in fast flüssigen Zustand gebracht. Über Pipelines oder Schiffe wird das Kohlenstoffdioxid dann zu den Endlagerstätten transportiert. Dort wird das flüssige Gas mit hohem Druck unter die Böden verpresst, wo es in Endlagern Jahrtausende von der Atmosphäre isoliert bleiben soll (storage).

Aktueller Stand

Bisherige Projekte dieser Art sind überwiegend nicht zur langfristigen Speicherung des Kohlendioxids in Betrieb, sondern zur Ausweitung der Öl- und Gasförderung. Dabei wird aus Abgasen gefiltertes CO2 in Öl- oder Erdgaslagerstätten verpresst, um die Öl- und Erdgasproduktion zu steigern. Bestehende Speicherprojekte, etwa in Norwegen, verarbeiten lediglich kleine Mengen und sind mit Unsicherheiten behaftet.

Derzeit sind Gesetzgebungsprozesse in Gang, die eine kommerzielle CO2-Deponierung in der Nord- und Ostsee ermöglichen sollen. Ende Mai 2024 hat die Bundesregierung die Eckpunkte einer “Carbon Management Strategie” beschlossen. Zentraler Maßnahmenpunkt ist der Ausbau von CCS mit einer flächendeckenden CO2-Transportinfrastruktur und CO2-Deponien. Niedersachsen als Küstenland wäre davon besonders betroffen. Das CO2 soll über Offshore-Pipelines zu Verpressungsplattformen geleitet und unter dem Meeresboden deponiert werden. Der CO2-Transport durch Meeresschutzgebiete soll erlaubt werden. Das Weltnaturerbe Wattenmeer wäre bedroht. Hinzu kommt eine industrielle Infrastruktur für Transport und Umsetzung der Technologie, die Küstenbewohner, Fischerei und vor allem auch eine der bedeutendsten Einnahmequellen der Küstenregionen, den Tourismus, erheblich beeinträchtigen würde.

CCS birgt große Risiken

Es gibt keine Langzeiterfahrung aus den bestehenden CCS-Projekten, da es lediglich 9 Anlagen weltweit für eine dauerhafte CO2-Deponierung gibt. Eine Deponierung von CO2 aus verschiedenen Industriequellen, wie es für die Nordsee geplant ist, findet weltweit noch nirgendwo im Meer statt. Wie sich die CO2-Deponien tief unter der Nordsee verhalten werden, lässt sich im Vorfeld kaum mit Sicherheit bestimmen. Jedes zusätzliche Bohrloch zur Erkundung des Untergrunds, jede neue Verpressung von CO2 erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das dort gelagerte CO2 wieder an die Oberfläche gelangt. Dass derart große Mengen CO2 im Untergrund deponiert werden können, ist bisher nicht nachgewiesen und nach Auswertung der Erfahrungen in Norwegen auch nicht plausibel.

Mögliche Risiken von CCS sind laut Bundesregierung und Umweltbundesamt: Austritt von Chemikalien und Gasen, undichte Bohrlöcher, Leckagen an Pipelines, Austritt von Salzwasser und Verschmutzung von Trinkwasser, Versauerung von Meereswasser, Beeinträchtigung von Meereslebewesen. Insbesondere die 5.000 km umfassende Pipeline-Infrastruktur kann eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen. Ein Beispiel: 2020 kam es aufgrund eines Erdrutsches zu der Havarie einer CO2-Pipeline in Mississippi, USA. 200 Anwohner*innen wurden aufgrund des ausgetretenen CO2-Gases evakuiert, 45 wurden im Krankenhaus behandelt. Seitdem wächst der Widerstand gegen CCS-Pipelines auch in den USA.

Subvention durch Steuergelder

Die Kosten von CO2-Endlagerung und dem Aufbau des Transportnetzes sind derzeit kaum abzuschätzen. Die CCS-Industrie hat bereits erklärt, dass sie nur mit staatlicher Förderung investieren wird. Ohne massive Subventionen wird CCS somit undenkbar. Neben den hohen Kosten für Aufbau und Betrieb von CO2-Abspaltungstechnologien an den Industrien, der Pipeline-Infrastruktur und der Verpressung in der Nordsee kommen langfristig Nachsorge, Überwachungs- und ggf. Interventionskosten auf die Gesellschaft zu. Denn das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz sieht die Übertragung der Verantwortung an die zuständigen Behörden vor.

Überwachung der Endlagerstätten kaum möglich

Eine ausreichend genaue Überwachung der CO2-Deponien wird laut Umweltbundesamt nicht realisierbar sein. Durch Monitoring können bestenfalls nur bereits eingetretene Leckagen festgestellt werden. Wie diese dann eventuell geschlossen werden könnten, ist unbekannt. Das widerspricht dem Vorsorgeprinzip. Die Überwachung muss auch über die Stilllegung und Nachsorgephase gewährleistet werden. Für eine Deponiedauer von tausenden Jahren fehlen aber aufgrund der wenigen tatsächlich laufenden CCS-Projekte weltweit empirische Daten über das Verhalten von CO2, anderer im Gasgemisch enthaltener Gase und über das Langzeitverhalten stillgelegter Bohrlöcher als möglicher Austrittspfad für CO2. Die Speicherdichtigkeit ist somit sehr unsicher. CCS wäre ein weiteres Problem, das wir zukünftigen Generationen aufdrücken - ähnlich wie beim Atommüll.

Bekämpfung der Klimakrise mit CCS nicht möglich – im Gegenteil

Selbst wenn CCS sein volles angekündigtes Potenzial ausschöpfen würde, wird es laut Weltklimarat (IPCC) nur einen Bruchteil der weltweiten CO2-Minderung ausmachen können. Laut IPCC ist CCS die teuerste, riskanteste und am wenigsten effektivste Option zur Bewältigung der Klimakrise. Schätzungen über zukünftige Nutzung und tatsächliche Lagerkapazitäten gehen sehr weit auseinander. Wenn man alle angekündigten CCS-Projekte und deren prognostizierte Speichermengen ernst nähme, wären dies nur 2,4 % der weltweiten Emissionen in 2030.

Selbst die beiden Vorzeigeprojekte in Norwegen, die wohl am besten untersuchten CCS-Projekte, weisen große Probleme auf. Sowohl Sicherheit als auch Lagerkapazitäten verhielten sich nicht entsprechend den vorherigen Simulationen und geologischen Prognosen. Bei Projekt Sleipner bewegte sich das CO2 unerwartet zwischen den Gesteinsschichten und bei Snøhvit konnten statt 18 nur 2,5 Jahre lang CO2 verpresst werden, bevor der Druck gefährlich anstieg. Alternativen mussten kurzfristig und mit hohen Kosten gefunden werden. Da durch CCS nur kleinste Mengen CO2 von der Atmosphäre isoliert werden können, Öl und Gas aber weiter ausgebeutet werden und somit viele Treibhausgasemissionen (darunter das deutlich klimaschädlichere Methan) in die Atmosphäre gehen, verschärft sich die Klimakrise weiter.

Profit für Öl- und Gaskonzerne

CO2 wird weltweit von den Öl- und Gaskonzernen vor allem zur intensivierten Ölförderung eingesetzt, was die Laufzeit der Öl- oder Gasfelder um bis zu 80 Jahre verlängert und daher für Öl und Gaskonzerne sehr profitabel ist. Oder es wird als Abfallprodukt der Erdgasförderung in den Untergrund verpresst. CCS ist also vor allem für Öl- und Gaskonzerne interessant, die sich Geschäftsmodelle wie die Produktion von Wasserstoff aus Erdgas sichern wollen. Die vorgeschobenen „unvermeidbaren” Restemissionen aus anderen Sektoren machen nur einen Bruchteil der deutschlandweiten Emissionen aus. Für diese geringen Mengen bräuchte es kein flächendeckendes Pipeline-Netz, wie es in der Carbon Management Strategie der Bundesregierung skizziert wird. Solche Planungen zielen klar auf den CO2-Transport in großen Mengen, weit über die Menge der sogenannten „unvermeidbaren” Restemissionen. Mit CCS wird es keinen Ausstieg aus Öl, Gas und Plastik geben. Im Gegenteil wird es zur weiteren Ausbeutung der Ölfelder in der Nordsee beitragen. Das Vereinigte Königreich plant 100 neue Lizenzen in der Nordsee, Norwegen hat gerade 70 neue Lizenzen in der schmelzenden Arktis vergeben.

Was wäre eine Alternative für wirklichen Klimaschutz?

Die Klimakrise ist bereits jetzt spürbar, vor allem auch an den Küsten und im Meer. Es passiert viel zu wenig, um weitere Emissionen zu vermeiden und den Ausstieg aus fossilen Energien endlich zu vollziehen. Deutschland wird seine selbstgesteckten Klimaziele nicht erreichen. Industrieländer wie Deutschland müssen ihre Emissionen schnell und dauerhaft senken. Dafür muss die Energiewende, darunter insbesondere der Ausbau von Erneuerbaren Energien, sowie eine Kreislaufwirtschaft massiv beschleunigt und konsequent Energie gespart werden. Dazu gehört auch der Gasausstieg, damit Investitionen und Innovationen nicht mehr fehlgeleitet werden.

Auch in der Industrie kann eine Dekarbonisierung ohne CCS gelingen. Weder in der Stahl- oder Chemieindustrie noch im Bausektor mangelt es an CO2-freien Prozessen. Die Wärme- und Dampferzeugung in der chemischen Industrie kann mit Power-to-Heat-Technologien auf erneuerbare Energien umgestellt werden, die Ökostrom, etwa aus Solar- oder Windkraftanlagen, in Wärme umwandeln. Stahl kann unendlich oft recycelt oder unter Einsatz von grünem Wasserstoff CO2-neutral hergestellt werden. Bei Zement werden alternative Bindemittel erprobt, außerdem werden derzeit Recyclingmethoden entwickelt, die den Weg zu klimaneutralem Beton freimachen. Beton kann außerdem in vielen Fällen durch alternative Baustoffe wie Holz ersetzt werden.

Und wenn wir tatsächlich die industriellen Treibhausgasemissionen auf ein Minimum reduzieren, sind für die anfallenden restlichen Emissionen naturbasierte Lösungen wie der Schutz von Mooren, Wäldern und Meeren weitaus effizientere Lösungen. Sie funktionieren vom ersten Tag an, ihre Nachhaltigkeit und Treibhausgas speichernde Funktion sind wissenschaftlich bewiesen.

Das unverantwortbare Risiko, die Klimaziele zu verfehlen, ist geringer, wenn wir statt auf CCS auf Erneuerbare Energien und echte Klimalösungen setzen. Statt Milliarden Steuergelder in die vagen Versprechen von CCS zu versenken, brauchen wir effektiven Klimaschutz, der dort wirkt und unterstützt, wo die Klimakrise besonders hart auftritt. Dazu gehören in Niedersachsen allen voran auch die Küstengemeinden.

Der BUND fordert

  • Keine Subventionen für CCS und fossilen Wasserstoff mit CCS („blauer Wasserstoff“).
  • Keine Lizenzen und keine gesellschaftliche Haftung für CO2 Endlager.
  • Der Meeresschutz darf nicht beschnitten werden.
  • Keine Exportgenehmigungen für CCS auf See.
  • Deutschland muss international gegen die Ausweitung der Gas- und Ölproduktion in der Arktis und überall Position beziehen.
  • Ausstiegsplan aus allen fossilen Energieträgern und umfassendes Maßnahmenpaket für einen dekarbonisierten Industriesektor und echte Kreislaufwirtschaft.
  • Verbindliche Energiesparziele auch für Industrie. Kein CCS so lange Fossile genutzt werden.
  • Natürliche CO2-Reduzierer wie Moore, Wälder und Grünland regenerieren und ökologisch nutzen.

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